8 110 Das Wasserverwaltungsrecht. 341
einerseits im volkswirtschaftlichen Interesse hinsichtlich der Benützung aller Arten
von Gewässern weitgehende Zwangsbefugnisse, die unter Umständen bis zu einer
obrigkeitlichen Verteilung der vorhandenen Wassernutzungen führen, und stellt
andererseits eine Reihe von allgemeinen Beschränkungen der Einzelrechte auf
bei gleichzeitiger Begründung von umfassenden Verpflichtungen zur gemeinsamen
Mitarbeit auf dem Gebiete des Wasserschutzes.
Unter der Bezeichnung „Gewässer“ versteht das Wassergesetz alle Ansamm-
lungen von Wasser auf und unter der Erdoberfläche im Zusammenhang mit
dem Grund und Boden, auf dem sie beruhen 1). Alle Gewässer sind des Eigen-
tums fähig und, soforn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, den für
Grundstücke geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes unterworfen 2).
Die Arten der Gewässer:
Von den verschiedenen Einteilungen, die das Gesetz kennt, ist die wich-
tigste die in öffentliche und nichtöffentliche Gewässer. Daneben kommt noch der
Unterschied in Betracht zwischen den im Fortbewegungszustande befindlichen
Wasserteilen nebst ihrer Rinne, den „Wasserläufen"“ und dem ohne sichtbare
Fortbewegung auf oder innerhalb des Bodens befindlichen Wasser, den „ge-
schlossenen“ oder stehenden Gewässern (Brunnen, Zisternen, Grundwasser, Seen,
Teiche, Weiher, auch wenn dieselben einen oberirdischen Ablauf haben, sowie
Quellen, soweit innerhalb des Ursprungsgrundstückes). Von Bedeutung ist end-
lich die Entstehung des Gewässers, ob es natürlich entstanden oder durch Men-
schenhand hergestellt ist.
Hiernach gruppiert das Gesetz in rechtlicher Hinsicht die Gewässer in fol-
gende vier Klassen:
a) Oeffentliche Gewässer, die sowohl ein Wasserlauf wie ein geschlosse-
nes Wasser sein können 3).
Zu denselben gehören grundsätzlich alle Gewässer, die schiff= und floßbar,
d. h. für den regelmäßigen, öffentlichen Verkehr mit Schiffen oder gebundenen
Flößen verwendbar sind. Für Wasserläufe beginnt die Oeffentlichkeit von dem
Punkte an, von dem jene Ausnutzung möglich ist; sie erstreckt sich auch auf
Nebenarme, Sammelbecken, Häfen usw.
Nach dem früheren Rechte wurden als öffentliche auch diejenigen Gewässer
angesehen, denen diese Eigenschaft innerhalb einer bestimmten Zahl von Jahren
durch förmliche Entschließung des Staatsministeriums beigelegt worden war y.
In Anlehnung hieran bestimmt das neue Gesetz einmal, daß die durch die oberste
Staatsbehörde als öffentliche bezeichneten Gewässer den Charakter der Oeffentlichkeit
behalten, auch wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Bezeichnung weggefallen
1) Vgl. § 1 u. ff. des Ges.
2) # 20 des Ges. Die Eigentumsgrenze (Uferlinie) bestimmt im Zweifel der mittlere Wasser-
stand. § 6 des Ges. Die zum Teil eigenartigen Vorschriften über den Eigentumserwerb an natür-
lich oder künstlich entstandenen Anlandungen und Inseln, über die Bettverlegung und Abreißung
finden sich in den §§ 7—10 des Ges. Das Eigentum am Wasser erstreckt sich nicht auch auf die Wasser-
welle, es sei denn, daß dieselbe nach allen Seiten abgeschlossen ist.
3) &1 des Ges.
4) Art. 3 des Ges. v. 26. Aug. 1876 (innerhalb 25 Jahren seit dem Inkrafttreten des damaligen
Gesetzes d. h. seit dem Erlaß des Fischereigesetzes von 1852).