Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

342 Die innere Verwaltung. Die wirtschaftliche Verwaltung. 8 110 
  
sein sollten, solange nicht jene Entschließung ausdrücklich zurückgenommen ist, 
und ferner, daß ein Gewässer, wolches in der Zukunft durch künstliche Veran— 
staltung in der erwähnten Weise schiffbar gemacht wird, als ein öffentliches erst 
dann behandelt werden darf, wenn ihm diese Eigenschaft durch eine Erklärung 
des Staatsministeriums förmlich verliehen wurde 1). 
Die öffentlichen Gewässer stehen kraft Gesetzes im Eigentum des Staates. 
Dicselben unterliegen zwar dem Gemeingebrauch, sie dienen insbesondere 
auch der öffentlichen Schiffahrt und Flößerei, alle übrigen Nutzungen aber, die 
aus den öffentlichen Gewässern gezogen werden können, kommen allein dem Staate 
zu. Wenn der Staat einem Einzelnen eine über den Gemeingebrauch hinaus- 
gehende Nutzung gestattet, so ist dies eine Rechtsgewährung, über die er nach 
freiem Ermessen entscheidet, soweit ihm nicht durch ausdrückliche Gesetzesvor- 
schriften besondere Schranken gesteckt sind :2). Dem Privatrechtsverkehr ist das 
Eigentum des Staates an den öffentlichen Gewässern vollständig entzogen 3). 
b) Natürliche, nicht öffentliche Wasserläufe ). Dieselben stehen 
alle im Eigentum der Gemeinden, soweit sich das Bett innerhalb der Gemarkung 
befindet. Auch sie unterliegen dem Gemeingebrauch. Jedoch bestehen an ihnen 
im Gegensatz zu den öffentlichen Gewässern besondere weitergehende Nutzungs- 
rechte der Anlieger am Bett und der Anlieger sowie Hinterleger hinsichtlich der 
Verwendung des Wassers für häusliche und wirtschaftliche Zwecke. Die Anlieger 
sind befugt, längs ihrer Eigentumsgrenzen aus dem Bette Eis, Sand, Kies, 
Schlamm, Steine, Pflanzen und sonstige feste Stoffe zu entnehmen. Als Hinter- 
lieger gelten die Eigentümer derjenigen Grundstücke, für welche nach ihrer Lage, 
Beschaffenheit und Zweckbestimmung der Wasserlauf nutzbar gemacht werden 
kann 5). Soweit diese Sonderberechtigten von ihren Befugnissen Gebrauch machen, 
tritt das Eigentum der Gemeinde zurück. Dieses Eigentum verleiht der Gemeinde 
weiter eine, allerdings nur als ein rein formelles Recht anerkannte, Einspruchs- 
befugnis gegenüber gewissen außerhalb der Gemarkungen beabsichtigten Unter- 
nehmungen, welche die Interessen der Gemeinden verletzen können. Die Ver- 
äußerung des Gemeindeeigentums an dritte Personen ist ebenso untersagt, wie 
diejenige des staatlichen Wassereigentums; dagegen ist eine Uebertragung der 
Nutzungen im Wege der Verpachtung gestattet, die für eine Zeit bis zu 60 Jahren 
unkündbar eingegangen werden kann, jedoch bei einer Dauer von mehr als 30 
Jahren der Zustimmung des Bürgerausschusses und der Staatsgenehmigung be- 
darf 8). 
1) Soweit durch diese Charakterisierung eines Gewässers für Private ein Schaden verursacht 
wird, ist Ersatz zu leisten. & 1 Abs. 4 a. E. 
2) So haben z. B. unter gewissen Voraussetzungen die Angrenzer einen Anspruch auf Zu- 
zaling der in öffentlichen Gewässern durch Kunstbauten trocken gelegten Flächen. & 8 Abs. 4 
es Ges. 
3) Nach § 103 des Ges. bleiben jedoch die früher (in der vorlandrechtlichen Zeit, d. h. vor 1810), 
begründeten Privatrechte an öffentlichen Gewässern weiter bestehen, so z. B. die alten Fährrechte. 
4) §J 2 des Ges. 
5) §§ 16, 17 des Ges. 
6) §§ 18, 40 Abs. 2 des Ges. Aeltere Privatberechtigungen aus der Zeit vor dem Inkraft- 
treten des Ges. vom 26. Aug. 1876 sind nach § 103 des Ges. auch hier vorbehalten.
	        
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