8 111 J Das Bauverwaltungsrecht. 359
III. Die im Abschnitt IV der LBO. zusammengefaßten Vorschriften über die
Wohnungspolizeil) stellen zunächst für die Benützung von Gebäuden zu
Wohnzwecken jeder Art, vor allem zur Vermietung an Schlafgänger gewisse Mindest-
anforderungen auf, die sich den auch anderwärts in Deutschland in neuerer Zeit an-
genommenen Grundsätzen anschließen, und verleihen den Gemeinden die Befugnis,
diese Vorschriften durch ortspolizeiliche Wohnungsordnungen näher aus-
zugestalten.
In den größeren Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern haben fort-
laufende Wohnungsuntersuchungen stattzufinden, deren Plan nach Anhörung
des Gemeinderates vom Bezirksrate festzusetzen ist, und die von besonders zu bildenden
Wohnungskommissionen vorzunehmen sind. In den kleineren Ge-
meinden hat die Ortsbaukommission die Aufgabe der Wohnungskommission zu er-
füllen. Den besonderen Wohnungskommissionen gehören außer den von der Ge-
meinde zu berufenden Personen der Bezirksarzt, das für die Gemeinde zuständige
Bezirksratsmitglied sowie der Bezirkspolizeibeamte kraft Gesetzes als Mitglieder an;
gegebenenfalls können in die Kommission auch die Stadtärzte und Armenbezirksvor-
steher berufen werden. Den Vorsitz führt der Staatspolizeibeamte oder der Bezirks-
arzt. Als technische Beamte stehen der Kommission in erster Linie die Baukontrolleure
zur Seite; es können aber auch besondere Wohnungskontrolleure be-
stellt werden.
Die Wohnungsaufsicht erstreckt sich auf sämtliche zum Aufenthalt von Men-
schen dienenden Gebäude und Gebäudeteile. Der Vollzug der hiebei als not-
wendig erkannten Maßnahmen ist Sache des Bezirksamtes, das auch von Amts
wegen einzuschreiten befugt ist, bei der Durchführung seiner Anordnungen jedoch den
Betroffenen die Befolgung der amtlichen Befehle durch Gewährung von Fristen er-
leichtern soll.
IV. Von den Vorschriften, welche die Pflege des Bauwesens zum Gegen-
stande haben und die, wie erwähnt, im Ortsstraßengesetze festgelegt sind, befassen sich
die einen mit der Fürsorge der zur ortschaftlichen Besiedelung notwendigen Anbau-
oder Ortsstraßen, denen die dem Anbau dienenden öffentlichen Plätze gleichstehen;
die anderen sind bestrebt, das von den Ortsstraßen umschlossene Baugelände in die
zum vernünftigen Anbau erforderlichen Formen zu bringen. (Neueinteilungs= oder
Umlegungsverfahren.) Gesetzliche Vorschriften darüber, daß einzelne Private oder
Selbstverwaltungskörper zur unmittelbaren Beschaffung von Wohnräumen oder zur
Unterstützung anderer diesem Zwecke bestimmter Unternehmungen verpflichtet seien,
bestehen in Baden nicht.
1. Die Fürsorge für die Beschaffung der nötigen Ortsstraßen
wird dadurch bewirkt, daß nicht nur den Gemeinden nochmals ausdrücklich die Ver-
pflichtung auferlegt ist, diese Straßen mit allen notwendigen Zubehörden anzulegen
und zu unterhalten, sondern auch den Privaten das Recht eingeräumt worden, wenn
die Gemeinde sich zurückhält, an deren Stelle die Inplanlegung neuer Straßen zu
1) ö§ 146—169. Der genannte Abschnitt trägt die Ueberschrift „Wohnungswesen“ und zer-
fällt in zwei Abteilungen: A. Benützung der Wohnräume §§ 146—159 und B. Wohnungsaussicht
5 160—169.