Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

§ 113 Die öffentlichen Wege. 367 
  
werden kann. Ueber das Vorhandensein der beiden Voraussetzungen entscheidet die 
Verwaltungsbehörde (der Bezirksrat) mit Ausschluß des Rechtsweges 1). 
Gleichgültig für die Annahme des Vorhandenseins eines öffentlichen Weges ist die 
Frage, in wessen Hand die privatrechtliche Herrschaft über den Grund und Boden ge- 
legen ist, auf dem die Wegbestimmung ruht. Nach Abs. 1 des Art. 12 des AG. z. BGB. 
wird vermutet, daß das Eigentum am Gelände eines zum Gemeingebrauch bestimm- 
⅝ten Weges oder Platzes im Zweifelsfalle derjenigen juristischen Person des 
öffentlichen Rechtes zusteht, der die Unterhaltungspflicht obliegt. Immer aber hat 
die Auferlegung der Wegbestimmung die Folge, daß die derselben entgegenstehenden 
privaten Rechte am Weggrundstück in ihrer Wirksamkeit soweit gehemmt werden, 
als dies der Inhalt der Wegbestimmung verlangt. Der Abs. 2 des angeführten Art. 12 
schließt die Neubegründung dinglicher Rechte an den einer Wegbestimmung unterwor- 
fenen Grundstücken direkt aus. 
Die öffentlichen Wege zerfallen in solche, die allein dem öffentlichen Verkehr ge— 
widmet sind, und solche, die zugleich dem Anbau dienen. Mit den ersteren befaßt sich das 
Straßen gesetz, die letzteren bilden die Kategorie der Ortsstraßen. 
Alle öffentlichen Wege ohne Rücksicht darauf, ob sie die Sondereigenschaft einer 
Ortsstraße besitzen oder nicht, werden von dem Straßengesetze wieder in drei große 
Klassen geteilt, deren Abgrenzungen sich nach der Art und Bedeutung des durch die 
einzelnen Wege vermittelten Verkehrs bestimmen sollen, in Wirklichkeit aber durch posi- 
tive Bestimmungen individuell festgelegt sind, in Landstraßen, Kreisstraßen und Ge- 
meindewege. Landstraßen sind diejenigen öffentlichen Wege, welche in dem dem 
Gesetze beigegebenen Verzeichnisse als solche aufgeführt sind, und die später im Wege 
eines formellen Gesetzes in dasselbe ausgenommen wurden. Als Kreisstraßen 
gelten: a) diejenigen früheren Landstraßen 2), die durch das Straßengesetz in dem er- 
wähnten Verzeichnisse als Kreisstraßen aufgeführt, oder die b) durch ein späteres 
Gesetz oder durch Beschluß der Kreisversammlung mit Staatsgenehmigung dem Kreis- 
straßenverbande zugewiesen wurden; c) Gemeindewege, die in den Kreisstraßenver- 
band ausfgenommen wurden und cl) öffentliche Wege, die vom Kreis als Kreisstraßen 
neu gebaut werden 7). 
Alle übrigen öffentlichen Wege sind Gemeindeweges; für die Zugehörig- 
keit eines öffentlichen Weges zu dieser dritten Klasse spricht die Vermutung 3). 
Seit dem Inkrafttreten des unterm 16. August 1900 erlassenen Spezialgesetzes ) 
gilt bezüglich der Städteordnungsstädte die Eigentümlichkeit, daß die innerhalb Orts- 
etters, d. h. innerhalb des der ortschaftlichen Bebauung bestimmten Gebietes ihrer 
Gemarkungen gelegenen bisherigen Landstraßenstrecken als Gemeindewege behandelt 
werden. Ferner bleibt zu beachten, daß auf Grund des bis zum 1. Jan. 1909 geltenden 
1) Str G. 3J 37b; Vollz. V O. 5 2. Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist für die Gerichte 
bindend. Vgl. Dorner, A. S. 128 u. f. 
2) Str G. § 2. Die Ausscheidung eines Weges aus dem Landstraßenverband kann auch ohne 
die Einhaltung der Gesetzesform geschehen, wenn ein Kreis oder eine Gemeinde zur Uebernahme 
bereit ist. Str G. 4. 
3) Str. G. § 3 und 5. 
4) Str G. §J 6 und § 37 b. 
5) Ges. über die Aufhebung des Pflastergeldes und die Ausscheidung von Landstraßen (G.u. VO.= 
Bl. S. 942), ausgedehnt auf die Stadt Offenburg durch Ges. v. 31. Juli 1904 (G.u. VO Bl. S. 268).
	        
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