*§ 117 Das Versicherungswesen. 385
werden, auf der das abgebrannte Gebäude stand und muß in der Regel dem zer-
störten Gebäude nach Bestand, Wesen und Zweck gleichkommen. Nur in dringenden
Fällen kann hiervon durch das Bezirksamt nach Anhörung der Verwaltung der Anstalt
eine Ausnahme bewilligt werden.
Die Brandentschädigungsforderungen können weder mit Arrest belegt noch als
Gegenstand der Zwangsvollstreckung behandelt werden; jedoch ist ihre Veräußerung
im Zusammenhang mit der Baustelle als eines auf diese letztere „radizierten Rechtes“
zulässig. Der Entschädigungsanspruch erlischt, wenn der Wiederaufbau des zerstörten
oder beschädigten Gebäudes nicht binnen zehn Jahren, vom Tage des Brandfalles an
gerechnet, erfolgt ist.
Die Mittel, welche die Anstalt zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedarf,
werden durch Umlagen aufgebracht, die auf sämtliche versicherte Gebäude nach Ver-
hältnis ihrer Versicherungsanschläge und nach einem gleichen Umlagefuß angesetzt
und in dem auf die Entstehung der Lasten folgenden Jahre nach den für die Erhebung
der Staatssteuern geltenden Vorschriften eingezogen werden. Zahlungspflichtig ist
derjenige, der am 31. Dezember desjenigen Jahres, für welches die Umlage erhoben
wird, der Eigentümer des Gebäudes gewesen. Ein inzwischen etwa neu eingetretener
Eigentümer haftet samtverbindlich mit 1).
Die obere Leitung der Verwaltung der Gebäudeversicherungsanstalt liegt
in den Händen des Ministeriums des Innern; das Rechnungswesen steht unter der
Aufsicht der Oberrechnungskammer?).
Die unmittelbare Verwaltung wird durch einen Verwaltungsrat geführt,
der aus drei Mitgliedern besteht, die vom Landesherrn ernannt werden, und die
wie die übrigen im Dienste der Anstalt befindlichen Personen dem staatlichen Be-
amtenrechte unterstehen. Ihre Bezüge sowie die ihnen und ihren Hinterbliebenen
bewilligten Ruhe= und Unterstützungsgehalte bleiben der Anstalt zur Last.
In wichtigeren Fällen hat der Verwaltungsrat zur Beratung bestimmte Ver-
treter der versicherten Gebäudeeigentümer beizuziehen (erweiterter Verwal-
tungsrat), die von den Kreisversammlungen jeweils auf drei Jahre gewählt werden.
Der Verwaltungsrat besitzt insbesondere auch das Recht, mit Genehmigung des Mini-
steriums des Innern die Dienstführung der amtlichen Bauschätzer durch allgemeine
Dienstweisungen näher zu bestimmen 3).
Durch landesherrliche V O. kann die Versicherungsanstalt endlich für verpflichtet
erklärt werden, jährliche Beiträge zum Zweck der Beförderung des Feuerlöschwesens
und zur Unterstützung der bei Brandfällen verunglückten Personen und ihrer Hinter-
bliebenen zu leisten ).
Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsrates ist allgemein das Rechtsmittel
—...
1) 88 54 ff. des Ges.
2) §8§ 61 u. ff. des Ges. und Ldh. VO. v. 11. Febr. 1891 (G.u. VOl. S. 39).
3) J# 9 der Vollz. V O. Die geltende Dienstweisung vom 31. Jan. 1903 ist abgedruckt in der
amtlichen Ausgabe des Ges. bei Glockner a. a. O. S. 159 u. ff.
4) §* 65 des Ges. Seit dem Jahre 1870 besteht für das Großherzogtum eine durch freiwillige
Vereinbarung aller zugelassenen Feuerversicherungsanstalten (einschl. der Staatsanstalt) begrün-
dete „Landesfeuerwehrunterstützungskasse“, deren Statut unterm 6. Febr. 1868 neu aufgestellt
wurde. Vgll. Glockner a. a. O. S. 78 und S. 239, wo das Statut abgedruckt ist.
Walz, Baden. 25