28 Die natürlichen Grundlagen des Staates. Das Staatsvolk. 8 11
welche zur Zeit der Auflösung des alten Reiches dingliche Reichsstandschaft be-
saßen und bei der Gründung des Rheinbundes oder später mit ihrem Gebiete
oder einem Teil desselben der badischen Landeshoheit unterstellt wurden.
Es sind dies die Familien der Fürsten von Fürstenberg, der Fürsten von
Leiningen, der Fürsten von der Leyen, der Fürsten von Löwenstein-Wertheim-
Rosenberg und von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, der Grafen von Leiningen-
Billigheim, der Grafen von Leiningen-Neudenau 1) und der Fürsten von Salm-
Reifferscheidt-Krautheim.
Die letztgenannte Familie hat ihren in Baden gelegenen Besitz („das
Fürstentum Salm-Krautheim") unterm 7. Februar 1839 an den badischen Staat
verkauft. Für sie kommen daher nur noch die mit der persönlichen Stellung der
Standesherren verknüpften Vorzüge in Betracht 2)
Wie der bis zum Gesetz vom 24. August 1904 geltende Text der Verf.-Urk.
ausdrücklich anerkannte, steht es dem Großherzog frei, den Häuptern adeliger
Familien „eine Würde des hohen Adels“ d. h. ein Prädikat zu verleihen, das
sonst nur von den Mitgliedern des deutschen hohen Adels geführt wird. Solchen
Personen kann unter bestimmten Voraussetzungen auch heute noch durch landes-
herrliche Entschließung das Recht der erblichen Landstandschaft eingeräumt werden 2).
Die derart ausgezeichneten Adeligen nehmen aber, wenn sie auch dem Herren-
stande im Sinne des VI. Konst.-Ediktes § 21 f zuzurechnen sind, selbst innerhalb
des Großherzogtums, — ganz abgesehen von dem Verhältnisse zu den andern
deutschen Staaten, — eine von dem standesherrlichen Adel wesentlich verschie-
dene Stellung ein.
Die geschichtliche Entwickelung der Rechtsstellung der standesherr-
lichen Familien zeigt die gleichen Etappen wie diejenige der Berechtigungen der
Grundherren 1). An der Spitze der langen Reihe stehen die Art. 24 ff. der
Rheinbunds-Akte, welche den mediatisierten Reichsständen (nicht nur folgeweise wie
den Reichsrittern, sondern mit ausdrücklichen Worten) einen großen Kreis von
staatlichen Befugnissen vorbehielten (tons les droits non essentiellement inhérens
à la souveraineté). Hieran schließt sich das in loyaler Erfüllung der übernom-
menen Verpflichtungen unterm 22. Juli 1807 erlassene III. Konst.-Edikt Karl
Friedrichs über die Standesherrlichkeits-Verfassung 3), das sich an die in gleicher
Richtung ergangene bayrische Deklaration vom 19. März 1807 anlehnte. Dann
folgten die besonders auf dem Gebiete der Gerichtsbarkeit durch Großherzog Karl
verfügten Einschränkungen, welche zur Intervention des Wiener Kongresses führten
und die Aufnahme der Schutzvorschriften des Art. XIV in die Bundesakte mit
veranlaßten. Das zum Vollzug dieser Vorschriften erlassene früher erwähnte
Edikt vom 23. April 1818 wurde, wie von den Reichsrittern, so auch von den
1) Ueber die besonderen Verhältnisse der Standesherrschaft: Leiningen-Neudenau vyl.
Glockner a. a. O. S. 62. Ein Verzeichnis der im Jahre 1834 zu den „Standesherrschaften“
gerechneten Ortschaften gibt ebenderselbe S. 63.
2) Edikt v. 27. März 1839 Reg. Bl. S. 83.
3) Vgl. Verf. Urk. § 28 Abs. 3 (frühere Fassung) und § 28 Abs. 2 (nach der Fass. d. Ges.
v. 24. August 1904).
4) Vgl. hierzu nun auch die angef. Schrift v. Curtaz.
5) Reg. Bl. Nr. 29.