8 118 Die Landwirtschaft. 393
hängenden Teilen der Benützung zur gemeinsamen Weide mit Schafen zu unter—
werfen 1).
Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 31. Juli 1848 über die Ablösung der
Weiderechte konnten die in den einzelnen Gemarkungen etwa noch bestehenden Ge-
meindeweiden nur mit Zustimmung aller Güterbesitzer beibehalten, und neue Einrich-
tungen ähnlicher Art konnten nur im Wege eines alle beteiligten Grundbesitzer mit
einschließenden Uebereinkommens getroffen werden. Da hierdurch die auch im In-
teresse des rationellen Feldbaues für große Teile des Landes sehr erwünschte Schaf-
haltung stark gefährdet worden, suchte man durch das Gesetz vom 17. April 1884 nicht
nur die Neubildung solcher Einrichtungen zu erleichtern, sondern man ließ auch unter
gewissen Voraussetzungen zur Einführung von gemeinen Weiden (Gemeindeschäfe-
reien) die Anwendung staatlichen Zwanges zu 2). Durch die Einführung des BGB.
wurde die getroffene Anordnung nicht berührt (Art. 111 EG.).
Zulässig ist die Errichtung einer gemeinen Schafweide ohne weitere Voraus-
setzung, und ohne daß es einer besonderen staatlichen Genehmigung bedarf, wenn
alle beteiligten Eigentümer zustimmen. Die Weide kann aber auch gegen den
Willen einzelner Eigentümer ins Leben gerufen werden, wenn deren Einführung
einen erheblichen landwirtschaftlichen Nutzen bietet, wenn eine Mehrheit von minde-
stens drei Vierteilen, sowohl nach der Kopfzahl als nach dem Verhältnis des Steuer-
kapitals der beteiligten Grundstücke berechnet, dem Antrag zustimmt und endlich, wenn
dazu die staatliche Genehmigung erteilt wird, die hier vom Staatsministerium aus-
zusprechen ist 3).
Von dem Zwang zur gemeinen Weide sind diejenigen Grundstücke befreit, für
welche aus der Beweidung ein besonderer Schaden erwachsen kann, wie Rebland,
Baumschulen, Hopfen= und Weidenanlagen, Gärten, eingefriedigte Grundstücke,
Waldkulturen, Böschungen, Dämme und dergl. Außerdem können die Grundeigen-
tümer, welche eine Fläche von einem bestimmten im Gesetze näher bezeichneten Um-
fang besitzen, der eine Selbstbeweidung ermöglicht, verlangen, daß ihr Eigentum von
der gemeinen Weide ausgenommen wird3).
Die Dauer der Weidegemeinschaft darf in dem Gründungsbeschluß nicht auf
längere Zeit als neun Jahre erstreckt werden. Kommt spätestens ein Jahr vor Ablauf
dieser Frist kein neuer Antrag ein, so verlängert sich jene Dauer kraft Gesetzes noch um
weitere sechs Jahre 5).
Für die Ausübung der gemeinen Weide ist in allen Fällen ") im Wege
einer ortspolizeilichen (event. bezirkspolizeilichen) Vorschrift eine besondere Weide-
1) Vgl. Buchenberger a. a. O. S. 318 ff., sowie Dorner und Seng S. 560 ff-.
2) G.u. VOl. 1884 S. 128, die gemeinen Schafweiden betr.; Vollz. VO. dazu v. 30. Juni
gl. J. (G.u. VO l. S. 277).
3) Art. 1 Ziff. 2 des Ges. Besondere Schutzvorschriften bestehen zugunsten der durch Spe-
zialtitel zur Weide berechtigten oder von der Weide befreiten Grundeigentümer. Für das Ver-
fahren zur Einführung der Weide gelten ähnliche Bestimmungen wie für die Feldbereinigung.
Dieselben finden sich in den Art. 6—10 des Ges. und in den ## 1—8 der Vollz. VO.
4) Art. 3 f. des Ges. Für den Fall, daß die Erträgnisse der Weide in die Gemeindekasse fließen,
haben die auf ihren Antrag befreiten Grundbesitzer einen ausgleichenden Beitrag zu leisten.
5) Art. 5 des Ges.
6) Auch wenn die gemeine Weide ohne staatliche Mitwirkung allein durch einstimmigen
Beschluß der Beteiligten zustande gekommen ist.