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f) Hinsichtlich der Verwaltung des Innungswesens gilt der
Bürgermeister als Gemeindebehörde sowohl wie als untere Verwaltungsbehörde
(Aufsichtsbehörde). Höhere Verwaltungsbehörde ist das Bezirksamt, vorbehaltlich
gewisser dem Bezirksrat zugewiesener Angelegenheiten 1).
8) Die Genehmigung der nach §& 142 Gew. O. zu erlassenden Ortsstatute,
die wie die orts= und bezirkspolizeilichen Vorschriften zu veröffentlichen sind, erfolgt
durch das Ministerium des Innern, geeignetenfalls nach Anhörung der übrigen in
Betracht kommenden Ministerien 2).
4. Die Aufsicht über die Einhaltung der dem Arbeiterschutze dienenden Vorschriften
wird in Gemeinschaft mit den Bezirksämtern und Bezirksärzten von der Fabrik-
inspektion geführt, einer dem Ministerium des Innern unmittelbar untergeord-
neten Zentralbehörde, die unterm 6. Juli 1890 durch landesherrliche Verordnung eine
neue Organisation erhalten hat 5). Dieselbe besteht aus einem Vorstande und mehreren
Beamten, die zum Teil akademisch vorgebildet sind; unter denselben finden sich seit
1900 auch Personen weiblichen Geschlechtes. Die Aufgaben der Inspektion sind in
einer unterm 5. Juni 1892 aufgestellten Geschäftsordnung zusammengefaßt 4). Bis
zum Jahre 1902 war den maschinentechnisch vorgebildeten Beamten der Fabrikinspek-
tion auch die staatliche Aussicht über die Dampfkessel übertragen 5). Nunmehr wird
diese Funktion von einem besonders angestellten maschinentechnischen Referenten beim
Ministerium des Innern besorgt, während der Fabrikinspektion nur die allgemeine
Aufsicht über die in gewerblichen Betrieben vorhandenen Dampfkesselanlagen und
Dampfapparate verblieben ist, soweit dies vom Standpunkte des Arbeiterschutzes
geboten erscheint.
5. Handwerkskammern bestehen in Baden vier, deren Gebiete sich
mit den Dienstbezirken der Landeskommissäre decken ). Die Wahlen zu denselben
erfolgen in drei Wahlkörpern (durch die Handwerkerinnungen, Handwerkerfachgenos-
senschaften und Handwerkerfachvereine, d. h. die nicht als Innungen organisierten
Vereinigungen von Angehörigen eines einzelnen Handwerkes oder mehrerer ver-
wandter Handwerke, sowie die Handwerker= und Gewerbevereine, d. h. solche Vereini-
gungen, die sich nicht auf verwandte Handwerke beschränken, und die gewerblichen
Vereinigungen, die auch außerhalb des Handwerkes stehende Kreise mitumfassen).
Die Verteilung der für jede Handwerkskammer zu wählenden Personen erfolgt nach
Maßgabe der in der Wahlordnung festgelegten Grundsätze über die Bemessung des
Stimmengewichtes durch das Landesgewerbeamt. Innerhalb der einzelnen wahl-
1) 3§8 1 u. ff. der VO. vom 4. April 1898. Den Interessen des Gewerbes dient auch die
VO. v. 3. Jan. 1907 über das staatliche Verdingungswesen (G.u. VOl. S. 41).
2) # 161 b der allgem. VO.
3) Ueber die Entwickelung der Fabr. Insp. in Baden vgl. den Bericht des Vorstandes K. Bitt-
mann über die Zeit von 1879—1903. Karlsruhe 1905.
4) Abgedruckt bei Bittmann S. 112 ff.
5) Die eigentliche Prüfungsarbeit hinsichtlich der Dampfkessel besorgt in Baden schon seit meh-
reren Jahrzehnten die seit 1901 als eingetragener Verein konstituierte „badische Gesell-
schaft zur Ueberwachung von Dampf'kesseln“ mit Sitz in Mannheim, der alle
Kesselbesitzer beizutreten pflegen, und deren Prüfungszeugnissen ein amtlicher Charakter beigelegt
wurde (vgl. die Jahresberichte des Min. d. Innern).
6) 5# 2 u. ff. der VO. v. 30. Okt. 1906; vgl. ferner die derselben angeschlossenen Wahlordnung.
Die für sämtliche Handwerkskammern gleichlautenden Statuten sind abgedruckt G. u. VOl. 1900
S. 567; ein dazu gemeinsam beschlossener Nachtrag G. u. VOl. 1908 S. 331.