Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

32 Die Organisation. Der Großherzog. 8 12 
  
c) Die zu den Standesherrschaften gehörenden Schlösser sind, sofern sie für 
immer oder zeitweise zum Wohnsitz ihrer Eigentümer bestimmt sind, befreit von 
der Einquartierungslast (vgl. die einzelnen Deklarationen und das R.G. vom 25. 
Juni 1868, § 4) 1). 
8. Das bei der seinerzeitigen Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staate 
und dem standesherrlichen Adel dem letzteren vorbehaltenen Recht des Vor- 
baues bei Bergwerkanlagen wurde bei der im Jahre 1890 erfolgten 
Neuordnung des Bergrechtes ausdrücklich gewahrt 2). 
Die früher zugestandene Fähigkeit, Aktivlehen zu besitzen, ist nach geschehener 
Ablösung sämtlicher Lehen, da neue Lehen nicht mehr entstehen können, heute 
ohne Bedeutung 3). 
Die Handhabung des Patronatsrechtes bestimmt sich nach den kirchenrecht- 
lichen Vorschriften. 
In allen übrigen hier nicht besonders aufgeführten Beziehungen unterstehen 
die standesherrlichen Familien in Baden dem gemeinen Recht. Das Recht der 
Austräge, das gemäß EG. zur RöV. zu ihren Gunsten statuiert werden könnte, 
besitzen dieselben nicht. 
Alle Rechte der Standesherren kommen auch denjenigen Mitgliedern des 
Großherzoglichen Hauses zu, die sich im Besitze einer zum Hausvermögen gehö- 
renden Standesherrschaft befinden (vergl. unten bei §& 17). 
Bweiter Abschnitt. 
Die Organisation. 
Erstes Kapitel. 
Ber Großherzog. 
§5l12. Die rechtliche Stellung des Großherzogs "). Bereits zur markgräf- 
lichen Zeit war der Gedanke zum Durchbruch gekommen, daß die mannigfachen 
Hoheitsbefugnisse, die der Landesherr im Laufe der Jahre unter den verschieden- 
sten Rechtstiteln in seiner Hand vereinigt hatte, nicht mehr als ein demselben 
privatrechtlich zugehörendes Vermögensobjekt anzusehen seien, sondern daß die 
durch jene Befugnisse des Landesherrn verbundenen Territorien mit ihren Leuten 
eine Einheit bildeten („die vereinte Gesellschaft“), welche auch den Landesherrn 
mit umfasse und ihm nur die Stellung eines Verwalters dieser Gemeinschaft 
einräume. 
Die Proklamation vom 13. August 1806 hat diesem, dem damaligen deutschen 
Rechtsbewußtsein konformen, Gedanken für das neu geschaffene Großherzogtum 
1) BGBl. S. 523. ç 
2) § 165 des Ges. v. 22. Juni 1890 (G.u. VOl. S. 447). Das Vorbaurecht erstreckt sich 
auf alles, was zur Standesherrschaft im heutigen Sinn, d. h. zu dem die Standesherrschaft 
bildenden Grundbesitz gehört. 
3) Vglgl. Dorner, A##. zum BG#B. S. 433. 
4) Vgl. zum folgenden statt aller anderen Jellinek, System S. 130 ff. und Anschütz 
in v. Holtzendorffs Enzyklopädie Bd. II S. 564 ff.
	        
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