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Zur Beschaffung des Bedarfs an öffentlichen Elementarunterrichtsanstalten ist
einer jeden politischen Gemeinde die Verpflichtung auferlegt, mindestens eine Volks-
schule zu halten. Aus erheblichen Gründen können jedoch auch mehrere Gemeinden
oder Abteilungen von Gemeinden mit anderen Gemeinden oder Teilen derselben zu
besonderen Schulverbänden (Schulgemeinden) vereinigt werden 1). Die Gemeinde-
volksschule muß mindestens diejenigen Anforderungen erfüllen, die das Gesetz für die
sogenannte „einfache“ Volksschule vorschreibt. Den Gemeinden steht es jedoch frei,
bei der Ausgestaltung ihrer Schulen über das gesetzliche Mindestmaß hinauszugehen
(Erweiterte Volksschulen) 2). Will eine Gemeinde mehrere selbständige Elementar-
schulen errichten, so dürfen dieselben nicht nach Konfessionen getrennt werden 3). Eben-
sowenig ist es einer Gemeinde gestattet, die ihr obliegende Verpflichtung zum Halten
einer den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Schule durch Begründung einer nach
anderen Grundsätzen eingerichteten öffentlichen Schulanstalt zu erfüllen ).
2. Ihrem Inhalte nach erstreckt sich die Schullast der Gemeinden auf
die Beschaffung der nötigen Schulräume (Schulgebäude), auf die Bestreitung der Ge-
halte und gewisser anderer Bezüge, sowie auf die Beschaffung der Wohnungen für
die Lehrer und auf die Bereitstellung der erforderlichen Lehrmittel. Die Ruhe= und
Unterstützungsgehalte des gesamten Lehrerpersonals sind ebenso wie die Versorgungs-
gehalte der Hinterbliebenen der Hauptlehrer von der Staatskasse aufzubringen 5).
a) Für die Einrichtung der Schulräume,, die in der Regel in einem nur für
Schulzwecke bestimmten Gebäude eingerichtet werden sollen, bestehen besondere ge-
setzliche Vorschriften, die durch Verordnung im einzelnen näher ausge führt sind s). Die
Kosten der Schulhausbauten sind, soweit dieselben nicht von privatrechtlich Verpflich-
teten oder aus Stiftungsmitteln bestritten werden können, in gleicher Weise aufzu-
bringen, wie die übrigen Gemeindebedürfnisse. Für ärmere Gemeinden sollen an-
gemessene Zuschüsse aus der Staatskasse geleistet werden, die im Staatsvoranschlage
vorzusehen sind.
b) Die Zahl der an einer Volksschule anzustellenden Lehrer ist derart zu be-
messen, daß auf einen Lehrer nicht mehr als 70 Schulkinder kommen?).
Ihrer Art nach zerfallen die Lehrer in Haupt= und Unterlehrer. Letztere können
zur Versehung ständiger Lehrstellen nur in beschränktem Umfange verwendet werden.
Ebenso ist die Verwendung von weiblichen Lehrkräften als Hauptlehrerinnen und
Unterlehrerinnen nur innerhalb gewisser Grenzen gestattet 2). Bei Volksschulen mit
1) &J 6 u. ff. des Ges. Analoge Vorschriften gelten für die abgesonderten Gemarkungen.
2) 8§ 92 u. ff. des Ges. Eine besondere Klasse der erweit. Volksschule bilden die Volksschulen
der St. Ordnungsstädte §§ 97 u. ff.
3) &* 8 des G.
4) Die Volksschule ist also ihrem Wesen nach eine vom Staate vorgeschriebene, zur Erfüllung
seiner Zwecke bestimmte Einrichtung, wenn der amtliche Sprachgebrauch sie auch wegen ihrer
ortschaftlichen Ausgestaltung als eine Gemeindeanstalt bezeichnet.
5) J 50 des Ges. Ueber die Gewährung von Beihilfen s. Ldh. VO. v. 28. Dez. 1908
(Gu VOBl. 1909 S. 1).
6) §§ 86 ff. des Ges. VO. vom 14. Nov. 1898 (G.u. VOl. S. 515), abgeändert durch V O.
v. 1. Juni 1908 (G.u. VOl. S. 207).
7) 5J8 14 u. ff. (Fassung des Ges. vom 19. Juli 1906).
8) Nur an Schulen mit mindestens drei Lehrstellen und nur in den vier unteren Klassen, in
denen Mädchen allein oder Knaben mit Mädchen gemeinsam unterrichtet werden. Die Gesamtzahl
der Lehrerinnen im Großherzogtum darf 10 Prozent der Lehrerstellen nicht überschreiten. § 18
des Ges.
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