Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

438 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 126 
  
und Naturlehre und aus der Geschichte. Dazu kommen für Knaben Leibesübungen, 
für Mädchen Unterricht in weiblichen Arbeiten. Zur Teilnahme an den letzteren sind 
nur die Mädchen der vier oberen Jahrgänge verpflichtet. 
Fakultativ zugelassen ist der Unterricht in der Handfertigkeit für Knaben und in 
der Haushaltungskunde für Mädchen. 
Für den Religionsunterricht werden für jede getrennt unterrichtete 
Abteilung der Schüler in den Lehrplan der Volksschule wöchentlich drei Stunden auf- 
genommen 1). Die Besorgung und Ueberwachung des Religionsunterrichtes ist Sache 
der betreffenden Religionsgemeinschaften, die, solange die staatlichen Behörden nichts 
dagegen einwenden, zu dessen Erteilung auch die Schullehrer und zwar jeweils bis zu 
sechs Wochenstunden mit heranziehen können. Werden Geistliche als Religionslehrer 
verwendet, so sind dieselben an die Schulordnung gebunden. Die von den Religions- 
gemeinschaften ausgehenden Verfügungen betreffs des Religionsunterrichtes, welche 
ebenfalls die bestehende Schulordnung zu beachten haben, werden den Lehrern durch 
die oberen Schulbehörden verkündigt 2). 
In allen übrigen Stunden wird der Unterricht den Schülern gemeinsam erteilt 
ohne Rücksicht auf deren Konfession. Wenn die Volksschule damit auch den früheren 
konfessionellen Charakter abgestreift hat, so soll doch bei der Besetzung der Lehrer- 
stellen auf das religiöse Bekenntnis der die Schule besuchenden Kindern tunlichst 
Rücksicht genommen werden 3). 
4. Die erweiterten Volksschulen "). Hat eine Gemeinde von der ihr ge- 
gebenen Befugnis, neben der durch das Elem. Unt. Ges. gebotenen Volksschule oder 
statt derselben eine erweiterte Volksschule mit höherem Unterrichtsziel, vermehrter 
Unterrichtszeit und verstärktem Lehrerpersonal zu errichten, Gebrauch gemacht, so 
hat sie die aus der Erweiterung erwachsenden Kosten in vollem Umfange zu tragen. 
Andererseits stehen ihr aber bezüglich der Bemessung des Schulgeldes und bezüglich 
der Besetzung der Lehrerstellen gewisse Vorrechte zu. So können an derartigen Schu- 
len nach Erfüllung der etatrechtlichen Voraussetzungen 5) durch landesherrliche Ent- 
schließung Lehrer, welche die Befähigung zum höheren Unterricht nachgewiesen 
haben, als „Rektoren“" mit den für diese oder für „Reallehrer an Mittelschulen“ vor- 
gesehenen Bezügen angestellt werden und zwar unter tunlichster Berücksichtigung der 
Wünsche der Gemeinden. Außerdem steht den Gemeinden für diejenigen Haupt- 
lehrerstellen, die über das gesetzlich gebotene Maß hinausgehen, das Recht des Vor- 
schlages zu. 
Die nähere Feststellung der für die einzelnen erweiterten Volksschulen maß- 
1) 5 22 des Ges. 
2) Die als Religionslehrer verwendeten Geistlichen sind keine Beamte im Sinne des Beamt.- 
Ges. und, soweit nicht die im Texte angeführten Ordnungsvorschriften Platz greifen, der staatlichen 
Disziplinargewalt nicht unterworfen. Vgl. Joos a. a. O. S. 498; ebenda auch die Lehrpläne 
für den Religionsunterricht der einzelnen Konfessionen S. 499—541. Vgl. außerdem hinsichtlich 
der Aufsichtsführung die weiter unten erwähnten VO. v. 26. Febr. 1894 9J 27 ff. 
3) & 19 des Ges. 
4) 92 ff. des Ges. 
5) D. h. wenn die Gemeinde den durch die staatliche Gehaltsordnung für solche Beamte vor- 
gesehenen Höchstgehalt sowie das Wohnungsgeld dauernd zur Verfügung stellt und die Bestimmun- 
gen der Art. 15—17 des Etat-Ges. für sich als bindend anerkennt. (Beiträge zum Ruhegehalt und 
zur Reliktenversorgung.) 
 
	        
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