442 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 129
meinde aufzukommen, in welcher das Kind beim Eintritt der Schulpflicht seinen Unter-
stützungswohnsitz besitzt. Fehlt ein solcher, so tritt je nachdem der Kreis oder der Staat
ein. Von den hiernach auf die Gemeinden und Kreise entfallenden Leistungen wird
ein Drittel wieder vorweg vom Staat übernommen, die beiden anderen Drittel können,
wenn es sich um eine Gemeinde handelt, eventuell nach den für die Behandlung des
persönlichen Schulaufwandes geltenden Grundsätzen auf die Staatskasse überwälzt
werden 1). Für die von einem öffentlichen Verbande bestrittenen Kosten ist der Zögling,
wenn er später zu Vermögen kommt, in ähnlicher Weise ersatzpflichtig, wie der Em-
pfänger einer Armenunterstützung 2).
Die Forderungen der staatlichen Anstalten für Verpflegung, Ausstattung usw.
werden beigetrieben wie andere auf dem öffentlichen Rechte beruhende Abgaben.
Ueber die hinsichtlich der Kostentragung oder Rückgewähr der Unterstützung entstehenden
Streitigkeiten entscheiden die Verwaltungsgerichte 3).
Für die gebrechlichen Kinder, welche nicht zu den Taubstummen oder Blinden
gehören, sind zur Gewährung der Anstaltserziehung auch private Unternehmungen
zugelassen, wenn dieselben als geeignet befunden werden, und wenn sie die für die
Staatsanstalten aufgestellten Grundsätze über die Aufwandsberechnung anerkennen 4).
Die Aufnahme blinder und taubstummer Kinder, die nicht badische Staatsange-
hörige sind, darf in eine staatliche Anstalt nur erfolgen, wenn die Zahlung der Ver-
pflegungsbeiträge sicher gestellt ist 3).
8 129. Die Mittelschulen. 1. Unter denselben versteht der amtliche Sprachgebrauch
diejenigen vom Staate, sei es allein, sei es unter Mitwirkung von Selbstverwaltungs-
körpern (Gemeinden oder Stiftungen) begründeten Anstalten, die einen über das
Maß der Volksschule hinausgehenden, aber im Gegensatz zu den Hochschulen doch noch
einen rein vorbereitenden Charakter behaltenden, Unterricht erteilen, der
sich vom Fortbildungsunterricht dadurch unterscheidet, daß er die ganze Arbeits-
kraft des Schülers in Anspruch nimmt, und der sich von der Fachschule durch das Ziel
allgemeiner geistiger Bildung abhebt. Die zur Zeit in Baden bestehenden
Mittelschulen zerfallen in Gelehrtenschulen und Realmittelschulen. Die ersteren sollen
vor allem für die Vorbereitung zum Universitätsstudium, die letzteren zur Gewinnung
der für die Ausübung eines höheren technischen Berufes erforderlichen Vorbildung
dienen. Dieser Unterschied ist zwar in letzter Zeit bis zu einem gewissen Grade auf-
gehoben worden, zu einer völligen Gleichstellung der mit der Absolvierung der beiden
Schulen verbundenen Berechtigungen ist es jedoch noch nicht gekommen 8). Von den
1) &§ 7—12 des Ges. & 73—80 El. Unt. Ges.
2) 8 13 des Ges. 8 5 des Armen Ges. Der Ersatzanspruch verjährt in 10 Jahren nach der Ent-
lassung.
3) 14 und 16 des Ges. Staatliche Taubstummenanstalten bestehen zurzeit in Mersburg
und Gerlachheim, eine Blindenerziehungsanstalt in Ilvesheim. Für die Ausbildung der Taub-
stummenlehrer vgl. die V O. v. 6. Febr. 1891 (G.u. VOl. S. 41).
4) § 15 des Ges. Für Anstalten, die von Kreisen, Gemeinden und andern Körperschaften er-
richtet werden, kann unter bestimmten Voraussetzungen den angestellten Lehrern die Eigenschaft
etatmäßiger Beamter verliehen werden. # 17 des Ges. §§. 118, 944 El. Unt. Ges. Bei unentgelt-
licher Unterrichtserteilung können den Kreisen und Gemeinden auch Staatszuschüsse gewährt wer-
den. Eine Zusammenstellung der zugelassenen Anstalten enthält die Bekanntmachung des Min.
d. Justiz usw. vom 18. Juni 1907 (G.u. VOll. S. 215).
5) & 18 des Ges.
6) Val. Ldh. VO. vom 22. Juli 1905. Die Berechtigungen der Mittelschulen betr. (G.u. V O.=
Bl. S. 335).