454 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. § 133. 134
von Visitationen und Prüfungen davon zu überzeugen, daß jene Vorbedingungen dau-
ernd vorhanden sind. Verstöße gegen die bestehenden Vorschriften unterliegen poli-
zeilicher Bestrafung. Ist eine Bestrafung wiederholt erfolgt, oder sind jene Voraus-
setzungen nicht mehr in vollem Umfange vorhanden, so kann die Schließung der An-
stalt verfügt werden.
Will eine Korporation, die nicht kraft Gesetzes zur Mitarbeit an der Ver-
waltung des Bildungswesens berufen ist, eine Lehr= und Erziehungsanstalt einrichten,
oder will eine der speziell mitberufenen Körperschaften über das ihr durch das Gesetz
zugewiesene Bildungsgebiet hinausgehen, so bedürfen dieselben zu einer solchen Maß-
nahme, ebenso wie eine Stiftung die eine Schulanstalt zu eröffnen beabsichtigt,
der besonderen staatlichen Erlaubnis 1). Kirchlichen Korporationen und Stif-
tungen ist die Errichtung von Lehr= und Erziehungsanstalten, die nicht zu den beiden
oben genannten Arten (Seminarien und Konvikte) gehören, schlechtweg untersagt.
Für alle Unterrichts= und Erziehungs anstalten,, d. h. also für alle Einrich-
tungen, die es mit einer unbestimmten, wechselnden Zahl von Schülern zu tun haben,
gilt endlich die Vorschrift, daß zur Ausübung der Lehrtätigkeit solche Personen nicht
verwendet werden dürfen, die einem religiösen Orden oder einer ordensähnlichen
Kongregation als Mitglieder angehören. Die Staatsregierung ist jedoch ermächtigt,
für einzelne Personen von diesem Verbote in widerruflicher Weise Nachsicht zu erteilen?).
s# 133. Die öffentlichen staatlichen Bildungsanstalten. Als solche bestehen
neben den Unterrichtsanstalten: die Akademie der bildenden Künste (frühere Kunst-
schule) in Karlsruhe, die Sternwarte in Heidelberg, die Hof= und Landesbibliothek nebst
Münzkabinett, das Naturalienkabinett und die Sammlungen für Altertums= und Völ-
kerkunde in Karlsruhe. Besondere Beamte sind für die Erhaltung und Bewahrung der
Altertümer bestellt, einer für die kirchlichen und einer für diejenigen weltlichen Ur-
sprungs. Sie werden von Bezirkspflegern unterstützt. Die Aufsicht über das gesamte
Bildungswesen führt das Minist. der Justiz, des Kultus und Unterrichts.
Zur Aufbewahrung und Bereithaltung der rechtlich und geschichtlich wichtigen
Urkunden dient das Generallandesarchiv, dessen Verwaltungsbehörde dem Ministe-
rium des Innern unterstellt ist.
II. Die Sittenpolizei.
*+# 134. Allgemeines. Während sich die Tätigkeit der Staatsgewalt auf dem Gebiete
der Fürsorge für Erhaltung der guten Sitten in Baden lange Zeit nur in negativer
Richtung bewegte, indem sie Störungen der guten Sitte zu verhindern bestrebt war,
ist man in der zweiten Hälfte des neunten Jahrzehntes des abgelaufenen Jahrhunderts
dazu übergegangen, jene Fürsorge auch durch positive Maßnahmen und zwar dadurch
zu betätigen, daß man den Verwaltungsbehörden die Befugnis übertrug, in den
Fällen, in welchen das sittliche Wohl der heranwachsenden Jugend in hohem Maße
1) § 116 des Ges. Auch wenn es sich um Anstalten handelt, die für Kinder unter oder Per-
sonen über dem schulpflichtigen Alter bestimmt sind. Diese Vorschrift kann, wie oben dargelegt,
auf die Gemeinden keine Anwendung finden, wenn dieselben sich nach Erfüllung ihrer gesetzlichen
Schullasten auf dem Gebiete der Unterrichtspflege weiter betätigen wollen. Vgl. über diese Frage
die Vorgeschichte des § 116, bes. bei Joos, Elem. Unt. S. 279 ff.
2) § 116 Abs. 3 und 4 des El. Unt. Ges. (Fassung des Ges. v. 8. April 1872).