36 Die Organisation. Der Großherzog. § 13
1854 von der Regierung gestellte Antrag, die von dem Vorgänger des regie-
renden Großherzogs bewilligten Pensionen ganz allgemein auf die Staatskasse
zu übernehmen, fand seitens der Landstände keine Zustimmung 1). Es wurden
jedoch damals, wie dies auch bei den vorausgegangenen Regierungswechseln
geschehen, unter ausdrücklicher Verwahrung gegen eine hieraus etwa abgeleitete
Rechtspflicht, die vom Großherzog Leopold sowie von dem damaligen Regen-
ten bei seinem Regierungsantritt bewilligten Pensionen auf die Staatskasse
übernommen. Die Freiwilligkeit dieser Leistung wurde wieder, wie in den
früheren Fällen, auch formell dadurch anerkannt, daß man die mit den Stän-
den getroffene Vereinbarung in einem Anhang des Gesetzes unter Adbdruck
eines Protokollauszuges der betreffenden Sitzungen veröffentlichte 2).
Der bisherige Standpunkt wurde auch im Jahre 1908 gewahrt, als die
von Großherzog Friedrich 1 bewilligten Hofpensionen auf die Staatskasse über-
nommen wurden, obwohl hier die Form des Gesetzes gewählt worden 2).
4. Zu den Ehrenrechten des Großherzogs werden weiter eine Reihe von
Einrichtungen gezählt, die der Anerkennung und Sicherung der besonderen Ehren-
stellung des Monarchen dienen, aber dem persönlichen Inhaber der Monarchen-
stellung nicht immer ein subjektives Recht gewähren, so:
der erhöhte strofrechtliche Schutz, den der Großherzog genießt ),
der Anspruch auf die Erweisung gewisser Ehrenbezeugungen seitens der in
Baden garnisonierenden preußischen Truppen 3),
die für die Kirchen bestehende Verpflichtung zur Aufnahme einer Fürbitte in
das allgemeine Kirchengebet
und endlich die Verpflichtung, im Falle des Ablebens des Großherzoges auf
Verlangen das Trauergeläute vorzunehmen sowie öffentliche Lustbarkeiten und
Schauspiele zeitweise einzuschränken 5).
Ueber die landesherrlichen Patronatsrechte und über die Sonderrechte
des Großherzoges in familienrechtlicher Hinsicht wird an späterer Stelle gespro-
chen werden. Die Vorzüge der Mitglieder des Großherzoglichen Hauses kommen
alle auch dem Landesherrn zu.
Eine Befreiung von der Steuerpflicht besteht, soweit die direkten
1) Vgl. Art. 4 der Reg.-Vorlage abgedr. in den Beilagen zu den Protok. der II. K. H. 4
S. 126 ff., sowie Verhandlungsprotokolle der II. K. v. 6. u. 9. Februar 1854, Prot.-Heft
S. 45 und 129.
2) Vgl. Reg. Bl. 1854 S. 47 u. Reg Bl. 1831 G. 214. And. Ansicht Wielandt a. a. O.
36 ohne nähere Begründung und Glockner a. O. S. 270 Anm. 1, welche bei einem
Regierungswercheel die Staatskasse schlechtweg zur Üebernahme der Pensionen für verpflichtet
erklären.
3) Ges. v. 13. Aug. 1908 (G.u. VOl. S. 492) vgl. den Bericht der Komm. der II. K.
Ldtg. 1907/08 Drucks. Nr. 81 a S. 9.
4) RStGB. s8 80—86; 94—101.
5) Mil.-Konv. v. 25. Nov. 1870 Art. 5.
6) Es besteht in Baden keine allgemeine Vorschrift über die Landestrauer und über deren
Dauer. Auf Grund der bereits in der Hofratsinstruktion vom 28. Juli 1794 (58 76) getroffenen
Anordnungen wird jedoch, gestützt durch ein unzweifelhaftes Gewohnheitsrecht, die Vornahme
eines allgemeinen Trauergeläutes von den mit den Rechten einer öffentlichen Korporation aus-
gestatteten Kirchen, sowie die zeitweise Einstellung von öffentl. Lustbarkeiten u. s. w. verlangt.
Vgl. auch die s. Zt. für die Grund= und Standesherren getroffenen ausdrücklichen Anordnungen.
Gr