470 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 139
e) Das Vermögen der Pfründen verwalten deren Inhaber; das Vermögen
der erledigten Pfründen wird durch den Kapitelkämmerer für den Interkalarfond
verwaltet. Mit Zustimmung der Berechtigten wird die Verwaltung von der Pfarr-
pfründekasse besorgt ½).
d) Die Verwaltung des übrigen örtlichen Kirchenvermögens, zu dem außer den
Pfründen und Meßnereien das Vermögen der Kirchenfabrik, d. h. das zur Deckung
des örtlichen Kultbedürfnisses bestimmte Vermögen, sowie die Kirchen= und Pfarrhaus-
Baufonds und im Zweifelsfalle auch das Vermögen lokaler mit Korporationsrechten
versehener Vereine und Genossenschaften (Bruderschaften) gehören, liegt in der Hand
eines Stiftungsrates?), dem ein Geistlicher als Vorstand vorsitzt, und dessen
Mitglieder auf einen Zeitraum von sechs Jahren von den Katholiken der Pfarrei
gewählt werden. Diesem Stiftungsrate gehört außerdem immer der Bürgermeister
des Ortes, oder, wenn derselbe nicht katholisch sein sollte, das dienstälteste katholische
Mitglied des Gemeindevorstandes kraft Gesetzes als Mitglied an. Der vom Stiftungs-
rate zu wählende Rechner bedarf sowohl der Bestätigung seitens der staatlichen wie
seitens der höheren kirchlichen Behörde.
e) Die kirchlichen Distriktsstiftungen werden von besonderen Kom-
missionen verwaltet, die zur Hälfte von der Regierung, zur Hälfte von dem Erzbischof
aus den Katholiken des Distriktes gewählt werden und sämtlich beiden Teilen genehm
sein müssen. Die Kommissionen wählen ihren Vorsteher selber; für die Rechner gilt
auch hier die Vorschrift der Bestätigung durch Staat und Kirche.
k) Der Interkalarfond und die übrigen allgemeinen kirchlichen
Fonds werden durch eine auf den 1. Januar des Jahres 1863 neu ins Leben gerufene
gemischte Zentralstelle verwaltet, welche die Bezeichnung Katholischer Ober-
stiftungsrat führt 8).
Dieselbe besteht aus Katholiken, die zur Hälfte von der Regierung, zur Heälfte
vom Erzbischof ernannt werden und sämtliche beiden Teilen genehm sein müssen,
sowie aus einem von Regierung und Kurie im gegenseitigen Einverständnis ernannten
Vorsitzenden. Die dem Oberstiftungsrate angehörenden Laien werden in der Regel
als etatmäßige Beamte landesherrlich angestellt und erhalten die Stellung von Mit-
gliedern der staatlichen Zentralmittelstellen. Analoge Grundsätze gelten auch hinsicht-
lich der beim Oberstiftungsrate anzustellenden Revisoren und Verwalter. Aus der
Doppelnatur des Oberstiftungsrates ergibt sich für alle seine Mitglieder und Beamte
die Folge, daß ihre Entfernung vom Dienste verfügt werden muß, wenn einer der
beiden Dienstherren „Anlaß zur Unzufriedenheit“ hat. Die Folgen einer solchen Ent-
fernung bestimmen sich für die etatmäßig angestellten Personen nach den Vorschriften
des Beamtengesetzes.
Neben der unmittelbaren Verwaltung der angeführten allgemeinen Fonds ob-
1) Dieselbe ist eine öffentl. rechtliche Anstalt vertreten durch den Oberstiftungsrat mit Sit#
in Karlsruhe. Vgl. über die Pfründen: Dorner und Seng a. a. O. S. 579 ff.
2) Diese Benennung trat am 12. Mai 1890 an die Stelle der früher üblichen Bezeichnung
Stiftungskommission.
3) Mit dem Beginn seiner Tätigkeit wurde der frühere Kathol. Oberkirchenrat aufgehoben.
Ldb. VO. v. 1. Dez. 1862 (G.u. VOl. S. 561). Der Staat zahlt zur Unterhaltung des Ober-
stiftungsrates einen durch Vereinbarung festgelegten Betrag (in d. Jahren 1808 9 111 500 M.
jährlich). Ueber die kathol. Interkalarkasse vergl. V O. vom 15. März 1877 (G. u. VOnl. S. 85).