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(von zwei exemten Pfarreien abgesehen), in 39 Dekanate (Land= und Stadtkapital)
eingeteilt waren 1). Die Vorsteher der Dekanate (die Dekane) werden von den Geist-
lichen des betreffenden Kapitels gewählt und durch den Erzbischof bestätigt. Der
Dekan hat den Verkehr zwischen der Kapitelsgeistlichkeit und dem Ordinariate zu
vermitteln und betätigt sich als Vollzugsorgan des letzteren bei Aufrechterhaltung der
Ordnung und der Einführung neuer Einrichtungen. Für die Vermögensverwaltung
wählt jedes Kapitel aus seiner Mitte einen Kämmerer.
An Beiträgen erhält die römisch-katholische Kirche in den Jahren 1808/9 abge-
sehen von dem auf den Oberstiftungsrat entfallenden Anteil und dem allgemeinen
Zuschuß zur Aufbesserung der Pfarrer eine Summe von 113 000 Mark.
& 142. Die Altkatholiken. Als Angehörige der katholischen Kirche gelten in Baden
auch die sogenannten Altkatholiken, d. h. diejenigen Katholiken, welche den vatikani-
schen Konstitutionen vom 18. Juli 1870, insbesondere den Lehrsätzen von der „höchsten
ordentlichen und unmittelbaren Jurisdiktion und von dem unfehlbaren Lehramte“
des römischen Papstes die Anerkennung verweigern. Das Gesetz vom 15. Juni 18742)
hat denselben ausdrücklich den Fortbestand der ihnen als Katholiken zustehenden Rechte
gewährleistet und hat insbesondere den Benefiziaten, Präbendaren und den übrigen
Inhabern kirchlicher Aemter ohne Rücksicht auf die Nichtanerkennung jener Lehrsätze
den Genuß ihrer Pfründen und Einkünfte gesichert. Es hat die Altkatholiken jedoch
von der Jurisdiktionsgewalt der bisherigen kirchlichen Oberen befreit und ihnen das
Recht verliehen, behufs Einrichtung und Abhaltung eines besonderen öffentlichen
Gottesdienstes und Vornahme sonstiger kirchlicher Handlungen mit Genehmigung der
Regierung innerhalb der Kirchspiele oder Gemeinden eigene kirchliche Gemeinschaften
zu bilden. Die Verhältnisse dieser Gemeinschaften, deren Gründung nicht versagt
werden darf, wenn eine erhebliche Zahl von Altkatholiken in Frage kommt, wenn für
die Pastoration derselben gesorgt, und die für die Bestreitung der kirchlichen Bedürf-
nisse erforderlichen Mittel für einige Jahre nachgewiesen sind, werden im Verwal-
tungswege bis auf weiteres in der Weise geordnet, daß eine Mitbenützung der Kirchen
und kirchlichen Gerätschaften, die Ueberweisung einzelner Pfründen und eine Teilung
des Genusses des Kirchenvermögens Platz greift. Der bezeichnete Nachweis wird durch
ein Zeugnis des auch für Baden als zuständig anerkannten Bischofs der Altkatholiken
des Deutschen Reichs erbracht 3).
Das Ortskirchensteuergesetz erkennt weiter die in einem Kirchspiel zu einer staatlich
genehmigten Gemeinschaft vereinigten Altkatholiken ausdrücklich als eine für die
örtliche Besteuerung zuständige besondere Kirchengemeinde an½). Ferner
erklärt das Landeskirchensteuergesetz, daß für seinen Bereich die im Großherzogtum
wohnhaften Altkatholiken eine besondere öffentliche Korporation bilden mit eigenem
Besteuerungsrecht für allgemeine kirchliche Bedürfnisse 5).
Die Geschäfte des Oberstiftungsrates besorgt für die Altkatholiken bis auf weiteres
1) Stat. Jahrb. 1906/7 S. 618.
2) G.u. VOl. S. 277.
3) VO. vom 27. Juni 1874 (G. u. VOl. S. 335).
4) Art. 1 Abf. 2.
5) Art. 1 Abs. 3. Ammann a. a. O. S. 222 nimmt an, daß hiermit die altkath. Kirche
von der röm.-kath. Kirche vollständig losgelöst sei.
Walz, Baben. 31