Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 142 **• Die Altkatholiken. 481 
  
  
  
(von zwei exemten Pfarreien abgesehen), in 39 Dekanate (Land= und Stadtkapital) 
eingeteilt waren 1). Die Vorsteher der Dekanate (die Dekane) werden von den Geist- 
lichen des betreffenden Kapitels gewählt und durch den Erzbischof bestätigt. Der 
Dekan hat den Verkehr zwischen der Kapitelsgeistlichkeit und dem Ordinariate zu 
vermitteln und betätigt sich als Vollzugsorgan des letzteren bei Aufrechterhaltung der 
Ordnung und der Einführung neuer Einrichtungen. Für die Vermögensverwaltung 
wählt jedes Kapitel aus seiner Mitte einen Kämmerer. 
An Beiträgen erhält die römisch-katholische Kirche in den Jahren 1808/9 abge- 
sehen von dem auf den Oberstiftungsrat entfallenden Anteil und dem allgemeinen 
Zuschuß zur Aufbesserung der Pfarrer eine Summe von 113 000 Mark. 
& 142. Die Altkatholiken. Als Angehörige der katholischen Kirche gelten in Baden 
auch die sogenannten Altkatholiken, d. h. diejenigen Katholiken, welche den vatikani- 
schen Konstitutionen vom 18. Juli 1870, insbesondere den Lehrsätzen von der „höchsten 
ordentlichen und unmittelbaren Jurisdiktion und von dem unfehlbaren Lehramte“ 
des römischen Papstes die Anerkennung verweigern. Das Gesetz vom 15. Juni 18742) 
hat denselben ausdrücklich den Fortbestand der ihnen als Katholiken zustehenden Rechte 
gewährleistet und hat insbesondere den Benefiziaten, Präbendaren und den übrigen 
Inhabern kirchlicher Aemter ohne Rücksicht auf die Nichtanerkennung jener Lehrsätze 
den Genuß ihrer Pfründen und Einkünfte gesichert. Es hat die Altkatholiken jedoch 
von der Jurisdiktionsgewalt der bisherigen kirchlichen Oberen befreit und ihnen das 
Recht verliehen, behufs Einrichtung und Abhaltung eines besonderen öffentlichen 
Gottesdienstes und Vornahme sonstiger kirchlicher Handlungen mit Genehmigung der 
Regierung innerhalb der Kirchspiele oder Gemeinden eigene kirchliche Gemeinschaften 
zu bilden. Die Verhältnisse dieser Gemeinschaften, deren Gründung nicht versagt 
werden darf, wenn eine erhebliche Zahl von Altkatholiken in Frage kommt, wenn für 
die Pastoration derselben gesorgt, und die für die Bestreitung der kirchlichen Bedürf- 
nisse erforderlichen Mittel für einige Jahre nachgewiesen sind, werden im Verwal- 
tungswege bis auf weiteres in der Weise geordnet, daß eine Mitbenützung der Kirchen 
und kirchlichen Gerätschaften, die Ueberweisung einzelner Pfründen und eine Teilung 
des Genusses des Kirchenvermögens Platz greift. Der bezeichnete Nachweis wird durch 
ein Zeugnis des auch für Baden als zuständig anerkannten Bischofs der Altkatholiken 
des Deutschen Reichs erbracht 3). 
Das Ortskirchensteuergesetz erkennt weiter die in einem Kirchspiel zu einer staatlich 
genehmigten Gemeinschaft vereinigten Altkatholiken ausdrücklich als eine für die 
örtliche Besteuerung zuständige besondere Kirchengemeinde an½). Ferner 
erklärt das Landeskirchensteuergesetz, daß für seinen Bereich die im Großherzogtum 
wohnhaften Altkatholiken eine besondere öffentliche Korporation bilden mit eigenem 
Besteuerungsrecht für allgemeine kirchliche Bedürfnisse 5). 
Die Geschäfte des Oberstiftungsrates besorgt für die Altkatholiken bis auf weiteres 
1) Stat. Jahrb. 1906/7 S. 618. 
2) G.u. VOl. S. 277. 
3) VO. vom 27. Juni 1874 (G. u. VOl. S. 335). 
4) Art. 1 Abf. 2. 
5) Art. 1 Abs. 3. Ammann a. a. O. S. 222 nimmt an, daß hiermit die altkath. Kirche 
von der röm.-kath. Kirche vollständig losgelöst sei. 
Walz, Baben. 31
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.