Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

482 Die innere Verwaltung. Die geistige Verwaltung. 8 143 
  
der Verwaltungshof. Im Dotationsgesetze vom 13. Mai 1899 ist zur Auf— 
besserung gering besoldeter altkatholischer Pfarrer ein Jahresbetrag von 8000 Mark 
vorgesehen 1), im Staatsvoranschlage für die Jahre 1808/9 als zusätzliche Leistung 
weitere 9000 Mark und als allgemeiner Staatsbeitrag zur Deckung des Aufwandes 
für die kirchlichen Bedürfnisse 25 250 Mark. 
§+143. Die evangelisch-protestantische Landeskirche. Die vereinigte evangelisch- 
protestantische Kirche des Großherzogtums umfaßt die beiden auf Grund der Unions- 
urkunde vom 15. August 1821 vereinigten evangelischen Kirchen; sie bildet einen Teil 
der evangelischen Kirche Deutschlands?2). Mitglieder derselben sind alle dem in dieser 
Urkunde und in deren kirchengesetzlichen Erläuterungen ausgesprochenen Bekenntnisse 
angehörenden Einwohner des Großherzogtums. Ihre Verfassung ist durch das unterm 
5. September 1861 erlassene und staatlich genehmigte kirchliche Gesetz festgestellt, das 
seitdem eine Reihe von Aenderungen erfahren hat 5). 
Das Kirchenregiment innerhalb der evangelisch-protestantischen Landes- 
kirche, einschließlich des Rechtes der Gesetzgebung, steht dem evangelischen Großherzog 
als dem Landesbischof zu, der dasselbe nach Maßgabe der Kirchenverfassung ausübt ¼). 
Die gesamte Kirche, die auch die Bezeichnung der Landesgemeinde führt, gliedert 
sich in Diözesangemeinden und Kirchengemeinden, die ebenso wie die Landesgemeinde 
jeweils ein besonderes Vertretungs= und Verwaltungsorgan besitzen. Als Diener und 
Behörden der Kirche nennt die Verfassung den Pfarrer, den Dekan und den Ober- 
kirchenrat. 
2. Die Kirchengemeindenz). Den räumlichen Umfang der als Grund- 
lage der gesamten Organisation erscheinenden Kirchengemeinden bildet das Kirch- 
spiel. Der dauernde Aufenthalt innerhalb des Kirchspiels begründet für jedes Mit- 
glied der Kirche die Einpfarrung und damit die Teilnahme an den Pflichten und Rechten 
eines Gemeindegenossen. Zu den Pflichten gehört insbesondere die Uebernahme der 
Kirchenlasten und der übertragenen kirchlichen Ehrenämter. Die Berechtigungen be- 
stehen in dem Anteil an den kirchlichen Anstalten und Gerechtsamen, Stimmrecht in 
der Gemeindeversammlung und Wählbarkeit in die Vertretung der Kirche. Das 
Stimmrecht und die Wählbarkeit für kirchliche Gemeindeämter kann nach einjährigem 
Aufenthalt in der Gemeinde vom Kirchengemeinderat auch solchen Personen ver- 
liehen werden, welche die badische Staatsangehörigkeit nicht besitzen. 
Jede Gemeinde hat ihre Angelegenheiten innerhalb der gesetzlichen Grenzen 
selbst zu verwalten. Die Ausübung dieser Befugnisse liegt in den Händen der Kirchen- 
gemeindeversammlung und des Kirchengemeinderats. 
Die Kirchengemeindeversammlung besteht in Gemeinden von 
weniger als 80 Stimmberechtigten aus der Gesamtzahl der letzteren, in den übrigen 
Gemeinden aus 20—80 gewählten Vertretern. Zu derselben gehören immer auch 
1) Art. 9 des Ges. 
2) Die Vereinigungsurkunde, deren Schlußredaktion am 15. August 1821 erfolgte, war mit 
landcsh. Entschließung vom 23. Juli 1821 gutgeheißen worden und gelangte durch Bekim. des 
Min. d. J., Evang. Sektion, zur Veröffentlichung (Reg. Bl. Nr. 16 u. Beilagen S. 119, S. 121). 
3) Reg. Bl. 1861 S. 535. Die Verf. der verein. evangel.protestantischen Kirche ist unter 
Berücksichtigung der bis Ende 1904 vorgenommenen Aenderungen im Jahre 1905 amtlich neu 
herausgegeben worden. Karlsruhe bei J. J. Reiff. 
4) § 4, § 81 der Verf. 
5) §§5 5—45 der Verf.
	        
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