502 Anhang: Verfassungsurkunde §## 46—57.
Landtag den Präsidenten der ersten Kammer; die zweite Kammer wählt selbst
ihren Präsidenten.
§ 46. Alle zwei Jahre muß eine Ständeversammlung stattfinden.
47. Die Mitglieder beider Kammern können ihr Stimmrecht nicht anders als
in Person ausüben.
§48. Die Ständeglieder sind berufen, über die Gegenstände ihrer Beratun-
gen nach eigener Ueberzeugung abzustimmen. Sie dürfen von ihren Kommittenten
keine Instruktionen annehmen.
6 48a. (Gesetz vom 21. Oktober 1867.) (1.) Kein Kammermitglied kann wegen
seiner Abstimmungen oder wegen seiner Aeußerungen bei Kammer-, Abteilungs-
und Kommissions-Verhandlungen anders als nach Maßgabe der Geschäftsordnung
der Kammer zur Verantwortung gezogen werden.
(2.) Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzun-
gen beider Kammern bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
8 49. Kein Ständeglied kann während der Dauer der Versammlung ohne aus-
drückliche Erlaubnis der Kammer, wozu es gehört, verhaftet werden; den Fall der
Ergreifung auf frischer Tat bei begangenen peinlichen Verbrechen ausgenommen.
*50. Die Stände können sich nur mit den nach gegenwärtigem Grundgesetz
zu ihrer Beratung geeigneten oder vom Großherzog besonders an sie gebrachten
Gegenständen beschäftigen.
8 51. (1.) Es besteht ein ständischer Ausschuß aus dem Präsidenten der letzten
Sitzung und drei anderen Mitgliedern der ersten und sechs Mitgliedern der zweiten
Kammer; dessen Wirksamkeit auf den namentlich in dieser Urkunde ausgedrückten
Fall oder auf die von dem letzten Landtag mit Genehmigung des Großherzogs an
ihn gewiesenen Gegenstände beschränkt ist.
(2.) Dieser Ausschuß wird vor dem Schlusse des Landtags, auch bei jeder Ver-
tagung desselben, in beiden Kammern durch relative Stimmenmehrheit gewählt.
Jede Auflösung des Landtags zieht auch die Auflösung des, wenn gleich schon ge-
wählten, Ausschusses nach sich.
* 52. Die Kammern können sich weder eigenmächtig versammeln, noch nach
erfolgter Auflösung oder Vertagung beisammen bleiben und beratschlagen.
IV. Wirksamkeit der Stünde.
#s53. Ohne Zustimmung der Stände kann keine Auflage ausgeschrieben und
erhoben werden.
#s54. Das Auflagen-Gesetz wird in der Regel für zwei Jahre gegeben. Solche#
Auflagen jedoch, mit denen auf längere Zeit abgeschlossene Verträge in unmittel-
barer Verbindung stehen, können vor Ablauf des betreffenden Kontraktes nicht ab-
geändert werden.
* 55. Mit dem Entwurf des Auflagen-Gesetzes wird das Staats-Budget und
eine detaillierte Uebersicht über die Verwendung der verwilligten Gelder von den
früheren Etats-Jahren übergeben. Es darf darin kein Posten für geheime Ausgaben
vorkommen, wofür nicht eine schriftliche, von einem Mitgliede des Staats-Ministe-
riums kontrasignierte, Versicherung des Großherzogs beigebracht wird, daß die
Summe zum wahren Besten des Landes verwendet worden sei, oder verwendet
werden solle.
8 56. Die Stände können die Bewilligung der Steuern nicht an Bedingungen
knüpfen.
§ 57. (I.) Ohne Zustimmung der Stände kann kein Anlehen gültig gemacht
werden. Ausgenommen sind die Anlehen, wodurch etatsmäßige Einnahmen zu etats-
mäßigen Ausgaben nur antizipiert werden, sowie die Geldaufnahmen der Amorti-
sationskasse, zu denen sie, vermöge ihres Fundations-Gesetzes, ermächtigt ist,
(2.) Für Fälle eines außerordentlichen unvorhergesehenen dringenden Staats-
bedürfnisses, dessen Betrag mit den Kosten einer außerordentlichen Versammlung
der Stände nicht im Verhältnis steht, und wozu das Kredit-Votum der Stände nicht
reicht, ist die Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses hinreichend, eine Geldauf-