Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

8 15 Die Vermögensrechte des Großherzogs. Die Thronfolge. 41 
  
II. Das Privatvermögen des Großherzogs: Hinsichtlich seiner Ver- 
waltung unterliegt der Großherzog keinen Beschränkungen. Er genießt auch 
mangels besonderer hausgesetzlicher Bestimmungen, abgesehen von der früher be- 
reits erwähnten Befreiung von der Gemeindebesteuerung, keine besonderen Vor- 
züge gegenüber dem allgemeinen Recht, weder was die materielle Seite, noch 
was die Vertretung im Prozesse angeht. Die Führung der Privatvermögens- 
verwaltung liegt ebenfalls in den Händen der Generalintendanz der Großherzog-= 
lichen Zivilliste. Es entspricht einer gebotenen Rücksicht auf die Würde des 
Monarchen, daß diese Behörde nach außen formell in eigenem Namen auftritt, 
wenn sie natürlich auch kein eigenes Rechtssubjekt darstellt. 
Die s. Z. aus den Domänen ausgeschiedenen Partikularfideikommisse dienen 
zur Ausstattung und Erhaltung der jüngeren Linien des Großherzoglichen 
Hauses (vergl. hierüber unten § 17). 
§+ 15. Die Thronufolge. I. Der badische Staat ist eine Erbmonarchie. Die 
Verfassungsurkunde drückt dies in ihrem 4 in der Weise aus, daß sie erklärt: 
„Die Regierung des Landes ist erblich in der Großherzog- 
lichen Familie u. s. w.“ 
Damit wollte nicht etwa gesagt sein, daß diese Regierung wie eine Ver- 
lassenschaft im Wege des Erbgangs von dem verstorbenen Monarchen auf seinen 
Nachfolger übertragen werde, wie dies seiner Zeit bezüglich der landesherrlichen 
Rechte im Patrimonialstaate der Fall war. Der F 4 der Verf.-Urk. beabsichtigte 
vielmehr lediglich dem seit dem Bestehen des Großherzogtums geltenden Grund- 
satze erneute Anerkennung zu verleihen, daß die Berufung zur obersten Organ- 
schaft im Staate kraft Gesetzes auf einen bestimmten Personenkreis, auf die 
Mitglieder der Großherzoglichen Familie, beschränkt sei und nach einer genau 
festgesetzten, den Vorschriften des Erbrechtes entlehnten Reihenfolge einzutreten 
habe. Die Ausdrucksweise, daß die Regierung vererbt werde, ist also nur bild- 
lich zu verstehen; in Wahrheit erbt nicht der Nachfolger etwas von seinem Vor- 
gänger, sondern der Staat, d. h. dessen gleichbleibendes höchstes Organ, erbt den 
Nachfolger, übernimmt einen neuen persönlichen Träger 1). 
Das badische Staatsrecht kennt nur die eine, ordentlich e, Art der 
Thronfolge, welche durch die zum Bestandteil der Verf.-Urk. gemachten Bestim- 
mungen der Deklaration vom 4. Oktober 1817 festgelegt ist. 
Die Einführung einer außerordentlichen Thronfolge könnte nur im 
Wege eines die Verfassung ändernden Spezialgesetzes erfolgen. 
Nachdem der Inhalt der unterm 4. Oktober 1817 zunächst als Hausgesetz 
erlassenen Deklaration in der Verfassungsurkunde Aufnahme gefunden, wären die 
Formen eines Verfassungsgesetzes auch bei jeder diesem Hausgesetze widersprechenden 
Aenderung der regelmäßigen Thronfolge zu beobachten. Die Erfüllung dieser 
Formvorschrift wäre aber auch zur wirksamen Geltendmachung einer solchen An- 
ordnung genügend. Es bedürfte, wenn nur die Voraussetzungen der §# 65 und 
73 der Verfassungsurkunde erfüllt sind, insbesondere nicht einer Zustimmung der 
1) Der Sache nach übereinstimmend bereits Pfister a. a. O. Bd. I S. 579.
	        
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