*15 Die Thronfolge. 45
Von den zuerst aufgeführten Linien des Zähringer Mannesstammes sind die
unter Ziff. 1, 2, 4 und 5 genannten erloschen. Der regierende Großherzog ent-
stammt aus der im Jahre 1830 auf den Thron gelangten Linie des ehemaligen
Markgrafen Karl Leopold Friedrich. Sie zählt zur Zeit noch drei Vertreter
im Mannesstamme.
IV. Der Thronanfall tritt kraft Gesetzes ein mit der Beendigung der
Regierung des Vorgängers. Mit diesem Augenblick erwirbt der durch die Thron-
folgeordnung bezeichnete Nachfolger ein subjektives Recht auf die Einnahme der
Stellung des höchsten Organes im Staate, auf Anerkennung als Großherzog.
Ein vorheriger Verzicht des präsumtiven Nachfolgers schließt, da die Folgeord-
nung seiner einseitigen Disposition entzogen, den Anfall nicht aus. Wird der
Berzicht ausdrücklich oder stillschweigend aufrecht erhalten, so bedeutet derselbe
ein Herabsteigen vom Throne, der dann von dem gesetzlich bestimmten Nachfolger
eingenommen wird. Eine Ausdehnung des Verzichtes über die Person des Er-
klärenden hinaus, auf seinen Deszendenten, ist unwirksam.
Eine bestimmte Formuorschrift, die beim Antritt der Regierung zu erfüllen
wäre, besteht für Baden nicht. Insbesondere wird keine GEidesleistung auf die
Verfassung verlangt. Es war bisher üblich, daß der Nachfolger beim Regierungs-
antritt eine feierliche Proklamation erließ, in der er versicherte, die Verfassung
heilig zu halten und mit der er alle Beamten in ihren Stellungen bestätigte;
ferner wurde auch, wie bereits erwähnt, eine allgemeine Landeshuldigung gefor-
dert 1). Daß diese Maßnahmen nur eine rein formale Bedeutung besitzen und
daß aus ihrer Anordnung insbesondere auch kein Argument zugunsten der in
früherer Zeit mitunter hervorgetretenen Ansicht abgeleitet werden kann, daß der
Regierungsnachfolger an die Amtshandlungen seines Vorgängers nicht ohne wei-
teres gebunden sei, bedarf keiner näheren Darlegung.
V. Beendigung der Throninhaberschaft.
Neben den völkerrechtlichen Erlöschungsgründen und abgesehen vom Tode des
Monarchen kommen als Gründe für die Beendigung der Throninhaberschaft in
Betracht:
die Entsetzung durch ein Reichsgesetz oder durch ein während der Dauer einer
Regentschaft erlassenes Landes(Verfassungs-)gesetz,
die Besteigung eines fremden Thrones 2) und die Abdankung.
Die Abdankung kann eine freiwillige sein oder eine erzwungene 3), wenn
dem Throninhaber eine der Voraussetzungen der Sukzessionsfähigkeit nachträglich
abgesprochen wird.
Die freiwillige Abdankung, die nur in Form eines einfachen Rücktrittes vom
Amte und nicht zugunsten einer bestimmten, in der Thronfolgeordnung nicht zu-
nächst berufenen Person geschehen kann, bewirkt ebenso wie die erzwungene, wenn
dem Zurücktretenden dabei auch der Titel des Monarchen belassen wird, den
Eintritt in die Stellung eines Untertanen. Der vom Throne steigende Großherzog
1) Bgl. das Patent v. 30. März 1830 Reg. Bl. S. 63, und v. 24. April 1852 Reg. Bl. S. 147.
2) Hausges. v. 4. Okt. 1817 3 Ziff. 4.
3) Vgl. Laband, StMR. d. DR. 1 S. 251 f.