Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band V. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (5)

48 Die Organisation. Der Großherzog. 8 16 
  
  
die Vollendung des 18. Lebensjahrs festgelegt. In Uebereinstimmung damit hat 
auch das Apanagegesetz als Volljährigkeitstermin für den Erbgroßherzog das 
vollendete achtzehnte Jahr bestimmt 1). 
2. Die Unfähigkeit des Großherzogs zur Weiterführung der 
von ihm angetretenen Regierung (infolge von Krankheit, Abwesenheit u. s. w.). 
Schließt der eingetretene Hinderungsgrund die Willensfähigkeit des Großherzogs 
nicht aus, so tritt Regentschaft nur ein, wenn der verhinderte Monarch nicht 
durch Beschaffung einer Stellvertretung der oben bezeichneten Art für die Weiter- 
führung der Regierung genügende Vorsorge getroffen. 
3. Die Ungewißheit über die Person des künftigen Herrschers (Regent- 
schaft ventris nomine). 
Berechtigt zur Uebernahme der Regentschaft ist im Hinblick auf den 
durch die Gold. Bulle sanktionierten Grundsatz, und da die im Markgräflichen Hause 
geltende Uebung, wonach der letztwillig ernannte Regent vorgehen sollte, nicht 
ausdrücklich beibehalten wurde, der in der Reihe der Thronfolgeordnung zu- 
nächst stehende, im Vollbesitze der Regierungsfähigkeit befindliche Agnat. 2). 
Derselbe kann zugleich der bürgerlich-rechtliche Vormund des Großherzogs sein, 
braucht es aber nicht zu sein. 
Zur Entscheidung über die Notwendigkeit einer Regentschaft ist mangels aus- 
drücklicher Vorschriften nur der zur Führung der Regentschaft Berufene berech- 
tigt. Daß den Mitgliedern des Großherzoglichen Hauses, die im Jahre 1852, 
wie erwähnt, allerdings mit zur Beratung über die Notwendigkeit der Regent- 
schaft herangezogen worden waren, ein Recht auf diese Mitwirkung an und für 
sich nicht zusteht, wurde bei der Beratung des im Jahre 1863 vorliegenden Ent- 
wurfes des Regentschaftsgesetzes innerhalb der Kommission der ersten Kammer 
ausdrücklich hervorgehoben. Ebensowenig wurde dem Staatsministerium die ihm 
nach dem Organ. Ed. vom 26. November 1809 zugedachte Befugnis ausdrücklich 
verliehen 3). Auch eine Mitwirkung der Landstände ist nirgends vorgesehen. 
Die rechtliche Stellung des berufenen Regenten ist nach badischem Rechte 
die gleiche, wie sie der Regent nach den Grundsätzen des gemeinen deutschen 
Staatsrechtes einnimmt. „Er übt im Namen des Großherzogs dessen versassungs- 
mäßige Regierungsgewalt voll und unverkürzt aus"“ 4). Daher sind auch Ver- 
fassungsveränderungen während der Dauer einer Regentschaft nicht ausgeschlossen. 
Aus der geschilderten Stellung des Regenten ergibt sich, daß er für seine 
Regierungshandlungen unverantwortlich ist; wohl aber kann er, da er rechtlich 
die Eigenschaft eines Untertanen besitzt, nach Beendigung der Regentschaft wegen 
der in privater Eigenschaft vorgenommenen Handlungen eventuell nachträglich zur 
1) Bgl. Moser a. a. O. Pfister a. a. O. Bd. I S. 109. A. v. 1356 c. VII 84. 
2) Wäre der an der Regierung verhinderte Großherzog der letzte des Zähringer Mannes- 
stammes, so hätte für ihn der nächste männliche Verwandte aus der zur Sukzession berufenen Kog- 
natenlinie einzutreten. Der Cutw. des Regentsch. Ges. von 1861 hatte hier die Berufung der Ge- 
mahlin, der Mutter oder der Großmutter aus der männlichen Linie vorgesehen. 
3) Vgl. den oben angeführten Komm. Bericht. Für das gemeine deutsche Recht überein- 
stimmend Rehm a. a. O. S. 438. Aus der Zuständigkeit des St M. in Großherzoglichen Fami- 
lien vormundschaften kann eine Berechtigung zur Führung der Regentschaft, wie dies Pfi- 
ster (a. a. O. Bd. 1 S. 111) u. Glockner (a. a. O. S. 46) tun, nicht ohne weiteres abgeleitet werden. 
4) Entw. des Reg. Ges. Ziff. VIII.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.