8 20 Die Zusammensetzung der ersten Kammer. 67
Verf. Urk.) schließt die Wählbarkeit nicht aus 1).
Das Verfahren bei den Wahlen zur ersten Kammer ist durch das gleich-
zeitig mit der Verfassungsnovelle vom 24. August 1904 erlassene Landtagswahl-
gesetz:) für die einzelnen der oben unter Ziff. 4—7 angeführten Kategorieen in
eingehender Weise geregelt 3).
1. Für die Wahl der grundherrlichen Abgeordneten ist das Groß-
herzogtum in zwei durch die Murg geschiedene Wahlkreise eingeteilt, in denen
jeweils vier Abgeordnete gewählt werden. Der Besitz mehrerer Grundherrschaften
giebt kein Recht auf mehrere Stimmen. Erstreckt sich eine Grundherrschaft über
beide Kreise, so kann das Stimmrecht nur da ausgeübt werden, wo der größere
Teil der grundherrlichen Güter gelegen ist 4).
Die Vorbereitung der Wahl liegt in den Händen des Ministeriums des
Innern, das die Wahllisten aufstellt und über etwaige Einsprachen entscheidet,
vorbehaltlich der Klage an den Verwaltungsgerichtshof 5). Der Tag der Wahl
wird vom Großherzog bestimmt ').
Die Leitung der Wahlhandlung besorgt ein vom Großherzog für jeden
Wahlkreis ernannter Wahlkommissär.
Die Abstimmung geschieht durch persönliche Uebergabe eines Stimmzettels
in der Wahltagfahrt oder durch vorherige Einsendung des Zettels an den Wahl-
kommissär. Die Stimmzettel sind derart zu falten, daß das Wahlgeheimnis ge-
wahrt bleibt, und in einem mit Namensausschrift versehenen verschlossenen Kouvert
abzuliefern. Zur Beurkundung der Wahl wird von dem Kommissär unter Zuzug
von Wahlberechtigten, denen allen die Anwesenheit bei der ganzen Tagfahrt ge-
stattet ist, eine Wahlkommission gebildet.
Die Wahl erfolgt durch relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei
Stimmengleichheit entscheidet das Los?).
2. Analoge Bestimmungen gelten für die Wahl der übrigen Mitglieder:
a) Bei der Wahl der Abgeordneten der Hochschulens) wird jedoch verlangt,
daß wenigstens drei Viertel der Wahlberechtigten ihr Wahlrecht ausüben. Andern-
falls wird eine zweite Wahltagfahrt angeordnet, bei der die Abgabe der Mehr-
heit der Stimmen genügt. Wird eine solche Mehrheit nicht erreicht, so ruht die
Bertretung der betreffenden Hochschule für die Landtagsperiode ?).
Weiter wird zum Zustandekommen einer Wahl die absolute Mehrheit der
abgegebenen gültigen Stimmen erfordert, eventuell findet unter den zwei Kan-
1) Verf. Urk. § 32 a.
2) G.u.V OBl. S. 347.
3) Das neue Landtagswahlgesetz ist nicht als Verfassungsgesetz erlassen, sondern als ein neben
demselben einhergehendes einfaches Gesetz, dessen Abänderung nicht den erschwerenden, für die
Verf. Gesetze geltenden, Vorschriften unterliegt. Vgl. hierüber Glockner a. a. O. S. 107. Die
Berf. Urk. hat diese Verschiedenheit auch durch die in ihrem § 38 gegebene Verweisung ausdrücklich
anerkannt.
4) Ldtgsw. G. S1 f., § 4 VO. v. 22. Juli 1905.
5) VRPfl. G. F 3 Ziff. 18.
6) §& 2 ff. des Ges. Die Wahlorte sind Freiburg und Mannheim.
7) Ueber die zur Perfektion des Wahlgeschäfts gehörende Annahme der Wahl sind Vorschrif-
ten nicht gegeben.
8) Ldtg. WG. §§. 17 u. ff.
9) Wahlkommissäre sind die Prorektoren bezw. der Rektor, unbeschadet ihres Stimmrechtes.
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