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Günstling des Römischen Stuhles bedenklich wurde, ist nicht schwer
zu begreifen. Wollen wir auch absehen von minder gerechten Be-
weggründen, die in menschlicher Schwäche ihren Ursprung haben
mochten, — war es wohl so ganz unmöglich, daß der Orden von
seiner Höhe bald mit Geringschätzung auf die bischöfliche Gewalt
herabsah, daß er, zumal wenn die anfängliche Strenge bei der
Aufnahme neuer Mitglieder erschlaffte, seine außerordentliche Macht
zu selbstsüchtigen, ungerechten Zwecken zu gebrauchen sich versucht
fühlte: Und wie, wenn die Kämpfe im Morgenlande vielleicht ein-
mal ganz unterbleiben sollten, wenn die Berechtigung einer solchen
Ausnahmestellung mit dem Gegenstande, dem der Ordensberuf
gegolten, verschwand und der Orden, ohne anderes Gesetz und
Schranke, als die Entscheidungen seines höchsten Schirmherrn,
sich inmitten der friedlichen Verhältnisse des christlichen Abendlan-
des erhob?
Das mochie mancher unter den Bischöfen erwägen. Doch die
Päpste sahen nicht auf das Abendland; mit unvergleichlicher Treue
hing ihr Blick an dem immer ferner zurückweichenden Grabe des
Erlösers. Mit steigender Beharrlichkeit riefen sie die Völker zurück
in den heiligen Kampf, mit zunehmender Vorliebe hoben und
mehrten sie den deutschen Orden. Wehe dem, der es wagte, ihn zu
kränken!
So trat er denn, ganz wie er in Folge seines ursprünglichen
Berufes geworden, auch seine zweite Wirksamkeit in Preußen an.
Das Land der Preußen, im Norden Polens, zwischen Lithauen
und der Weichsel, bis zur Ostsee ausgebreitet, war im eilsten und
zwölften Jahrhundert von den Polnischen Fürsten oftmals mit über-
legener Heeresmacht angegriffen und durchzogen worden. Dann hatte