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Umgehung ausreichend vorbeugt. Mag man auch gerade in heutiger Zeit
von dem gesamten Volk erwarten, daß ihm der staatsbürgerliche Sinn der
Steuer aufgegangen ist, man wird doch gut tun, allem Tun, das steuer-
und damit staatsfeindlich ist, nach Kräften Riegel vorzuschieben.
Auf die besprochenen Formen der Besteuerung wird man sich aber
nicht beschränken dürfen, sondern das ganze Gebiet unserer Finanzverwal-
tung einer Prüfung unterziehen müssen. Besonders im argen liegt die Be-
steuerung des Grundbesitzes. Eine Grundsteuerpolitik, wie sie sich im Laufe
der letzten Jahrzehnte besonders in Preußen entwickelt hat, muß auf die
Dauer den Haus-- und Grundbesitzerstand in immer schwierigere Verhält-
nisse bringen, und zwar deshalb, weil sie sowohl den Besitz des
Grundstückswie den Besitzwechsel mit schweren Abgaben belastet,
also in jedem Falle die Steuerkraft der Beteiligten auf das ußerste
anspannt.
Was an Mißständen in unserem Steuerwesen vorliegt, wird sich
natürlich in einer durch den Krieg an den verschiedensten Punkten ge-
schädigten Wirtschaftsordnung viel empfindlicher bemerkbar machen. Es ist
daher für unser ganzes Wirtschaftsleben von der größten Bedeutung, daß
wir nach dem Kriege endlich eine grundlegende Neuordnung
unseres ganzen Steuerwesens erhalten.
Vergleicht man Deutschland mit anderen Ländern der Welt, so ergibt
sich allerdings, daß seine Steuerverhältnisse bisher noch immer recht günstig
gewesen sind. Daß man vielleicht gerade in Deutschland die Steuerlast
besonders ungern empfunden hat, liegt weniger an wirtschaftlichen Gründen
als an Mängeln der staatsbürgerlichen Erziehung und Gesinnung. Die
Mehrzahl der Deutschen hat doch bisher das Steuerzahlen als eine höchst
lästige und eigentlich recht überflüssige Sache aufgefaßt. Es gab nur
wenige, die beim Zahlen der Steuer das Bewußtsein hatten, damit nach
ihren Kräften zu den Aufgaben des Staates beizutragen. Der Krieg hat
plötzlich eine Opferwilligkeit und ein Staatsbewußtsein entfacht, das die
Deutschen bisher leider immer nur in der Stunde der Not empfunden haben.
Vielleicht lernt man jetzt, dieses Staatsbewußtsein auch in der Zeit des
Friedens wach zu erhalten.
Eine Vereinfachung unseres ganzen Finanzwesens tut uns dringend
not. Der Weg, den man bisher beschritten hat, wird hoffentlich jetzt für
immer verlassen werden. Es ist eines großen Reiches und Volkes unwür-
dig, für seinen eigenen Staatshaushalt innerhalb der Parteien zu feilschen
und nur nach mühsamen Verhandlungen kleine Besserungsmittel anzu-