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Die eigentliche Wurzel eines gesunden Kreditwesens ist also das per-
sönliche Vertrauen, das einer in sich selbst setzt, und das demzufolge auch
andere haben können, Vertrauen nicht nur zu der Zahlungsfähigkeit, sondern
auch zu dem Zahlungswillen. So hängt letzten Endes das Kreditwesen eines
Landes doch nur von der sittlichen Höhe der Gesinnung ab, mit der man
im Geschäftsleben handelt. Wie man denn überhaupt — auch bei allen
Wirtschaftsfragen — doch stets auf die Persönlichkeit des Menschen als
den Träger aller Entwicklung hinauskommt! Eine Erkenntnis, die uns durch
das schwere Erleben dieses Krieges wesentlich vertieft worden ist.
Rechtliche Gesinnung und ehrlicher Wille, den übernommenen Pflichten
nachzukommen — zu diesen Pfeilern eines guten Kreditwesens gesellt sich
nun ein zweites, was sich im Laufe der Zeiten entwickelt hat und an Be-
deutung ständig zunimmt. Der einzelne kann nicht mehr allein bleiben. Er
bedarf des Anschlusses an eine Gemeinschaft. Die Vorgänge unseres Wirt-
schaftslebens sind zu einem Strom angeschwollen, der, von wenigen Aus-
nahmen abgesehen, den einzelnen erbarmungslos fortreißt, in dem der ein-
zelne nur noch dadurch etwas bedeutet und zu etwas gelangen kann, daß
er sich mit anderen zusammentut. Die Formen solchen Zusammenschlusses
sind mannigfache. Gerade das deutsche Recht, das von Urzeiten her vor-
wiegend auf genossenschaftlicher Grundlage beruht#), hat verschiedene For-
men gemeinsamer Anternehmung herausgebildet, als deren wichtigste wir
jetzt folgende nennen können:
1. Genossenschaft,
2. Aktiengesellschaft,
3. Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
4. die gemischte AUnternehmung, bei welcher Staat und Bürger zu
gemeinsamen Zwecken zusammenwirken.
Jede dieser Gruppen hat ihre eigene Verfassung, ihre Besonderheiten
und damit auch ihre eigenen Vorzüge und Nachteile. So hat man für jeden
besonderen Zweck zu prüfen, welche dieser Arten gemeinsamer Unternehmung
sich im Einzelfall als die zweckmäßigste darstellt.
. Im Grunde ist ja auch der Staat nur eine Art von Genossenschaft, und
es ist wohl einem dunklen Empfinden hierfür zuzuschreiben, wenn man im
Volke bei irgendwelchen Aufgaben und Ausgaben größerer Art alsbald an
den Staat denkt. So auch bei den Fragen des Kriegsschadens. Man darf
aber nicht vergessen, daß auch die staatliche Gemeinschaft in ihren Zwecken
wie in ihren Mitteln begrenzt ist, und daß so manche Aufgaben besser von
1) S. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht. Berlin 1868, 1873, 1881, 1913.