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reich erhobenen besonderen Kontributionen eine Summe von zwei Millionen
Thaler aus den bereitesten Mitteln der von Frankreich zu zahlenden Kriegs-
Entschädigung verwendet.
Artikel 2.
Der Bundesrath ordnet die Vertheilung der im Artikel 1. bestimmten
Mittel durch die einzelnen deutschen Regierungen an. Die letzteren sind be-
rechtigt, die von ihnen etwa geleisteten Vorschüsse in Abzug zu bringen.
Motive.
(1. Leg. Per. I. Session 1871. Drucksachen Nr. 167.)
Während des letzten Krieges sind aus Frankreich und dessen Kolonien zahl-
reiche bis dahin dort wohnhafte Deutsche auf Anordnung der Französischen Re-
gierung ausgewiesen worden. Diese Maßregel, welche mit den, von Frankreich
bei dem Ausbruch des Krieges öffentlich ausgesprochenen Absichten nicht im
Einklang sich befand und in vielen Fällen mit Härte ausgeführt wurde, hat
für einen großen Theil der davon Betroffenen empfindliche Vermögens-Ver-
luste zur Folge gehabt. Nicht allein die Lebensstellung, welche die einzelnen
Deutschen in Frankreich sich zu erwerben gewußt hatten, und in der sie durch
Thätigkeit ihren Unterhalt gewannen, ging ihnen durch die Ausweisung ver-
loren, sondern auch des Besitzes ihrer Habe wurden sie vielfach dadurch beraubt.
daß ihnen weder zur Veräußerung noch zur Fortschaffung derselben Zeit ge-
lassen wurde. Sehr zahlreiche Gesuche um Entschädigung oder Unterstützung
find von den auf diese Weise Beschädigten, zum Theil in wirklicher Noth be-
findlichen Deutschen bei den Reichsbehörden und Landesbehörden angebracht
worden. Wenn nun auch ein Rechts-Anspruch der Vertriebenen auf Gewährung
solcher Entschädigung weder gegen Frankreich, noch gegen Deutschland als be-
gründet anerkannt werden kann, so sprechen doch erhebliche Billigkeitsrücksichten
dafür, den durch die Folgen des Krieges so hart betroffenen Deutschen
wenigstens eine Beihülfe zur Erleichterung ihres ferneren Fortkommens zu ge-
währen. Zu diesem Zwecke sind bereits während des Krieges in den okkupierten
Gebieten Frankreichs speciell für die vertriebenen Deutschen bestimmte Kon-
tributionen ausgeschrieben und im Betrage von ungefähr sieben Millionen
Franken eingezogen worden. Die Zahl der Vertriebenen ist indeß eine so große
und der von ihnen erlittene Schaden ein so beträchtlicher, daß der gedachte Be-
trag eine zureichende Beihülfe zur Erfüllung des Zwecks nicht gewähren würde.
Der Artikel 1. des vorliegenden Gesetz-Entwurfs will daher den Betrag
jener Kontributionen noch um 2 Millionen Thaler aus den bereiten Mitteln
der von Frankreich zu zahlenden Kriegs-Entschädigung erhöhen.
Der Artikel 2. vertheilt die hiernach aus der Kontribution und den
2 Millionen Thalern bestehende Gesammtsumme je nach der Kopfzahl der jedem
einzelnen Deutschen Staate angehörenden Ausgewiesenen unter die einzelnen
Deutschen Regierungen, und der Artikel 3. überträgt den letzteren die Be-
messung der Beihülfen für jeden einzelnen Fall, weil eben nur die Landes-
Regierungen im Stande sind, die Verhältnisse ihrer Staats-Angehörigen ein-
gehend zu prüfen und richtig zu würdigen. „