Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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Krieg erforderlich geworden sind und denen ein wirtschaftlicher Gegenwert 
nicht entspricht. 
Angenommen, unser Staatswesen werde nicht in der Lage sein, diesen 
Kriegsschaden von sich auf die Feinde abzuwälzen, so müßte er durch die 
Steuerkraft der deutschen Bürger aufgebracht werden. Wenn man die 
Verzinsung eines Kriegsschadens von 41 Milliarden Mark zu 5 Prozent 
rechnet — das ist ja der Zinssatz, zu dem bereits ein sehr erheblicher Teil 
dieser Kriegslasten als Anleihe begeben worden ist —, so würde sich für den 
Reichshaushalt eine jährliche Zinsenlast von mehr als 2 Milliarden Mark 
ergeben. Wollte man mit Rücksicht auf die gewaltige Höhe dieser außer- 
ordentlichen Belastung die Tilgung auf lange Zeiten hinaus verteilen — 
ähnlich, wie man seinerzeit die preußischen Kriegsschäden aus der Napo- 
leonischen Zeit auf Jahrzehnte hinaus verteilt hat —, wenn man also z. B. 
als geringsten Tilgungsbeitrag 1 Prozent annehmen würde, bei welcher 
Tilgung hundert Jahre zur vollen Abzahlung nötig wären, so käme man 
auf eine jährliche Abzahlung von rund 410 Millionen Mark. Zinsendienst 
und Abzahlung würden dem Reiche dann jährlich nahezu 2½ Milliarde 
Mark kosten, ein Betrag, der mehr als die Hälfte des ganzen bisherigen 
Reichshaushaltplanes darstellt. 
Die Erkenntnis, um wie ungeheure Beträge der Krieg unsere Staats- 
gemeinschaft geschädigt hat, wird wesentlich dazu beitragen können, die 
staatsbürgerliche Gesinnung der Deutschen, die durch den Krieg eine un- 
geahnte Entwicklung erfahren hat, weiter zu fördern und zu festigen. Im 
Grunde ist der Staat doch nichts anderes als die Summe seiner einzelnen 
Bürger. Dieses Verhältnis der Einbeit oder der Gegenseitigkeit offenbart 
sich durch nichts anderes deutlicher und — empfindlicher, als darin, daß die 
einzelnen Bürger durch erhöhte Abgaben die Lasten tragen müssen, die der 
Staatsgemeinschaft auferlegt werden. Gelänge es nicht, durch den Friedens- 
schluß den staatlichen Kriegsschaden auf unsere Feinde abzuwälzen, — was 
für eine AUnsumme von Steuern und Abgaben müßte kommen, wenn wir 
alle diese Milliarden endgültig selbst zu bezahlen hätten! Eshandelt 
sich um die eigene Angelegenheit eines jeden Deut- 
schen, wenn davon die Rede ist, welcher Kriegsschade 
unser Staatswesen betroffen hat.
	        
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