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Die Klage, daß der Krieg die Schuldner deutscher Gläubiger zahlungs-
unfähig hat werden lassen, wird auf allen Gebieten unseres Wirtschafts-
lebens, bei allen Arten von Forderungen zu hören sein.
Besonders bemerkenswert ist bei dieser Gattung von Kriegsschäden die
Ungleichmäßigkeit, mit der die Kriegswirkungen sich geltend machen.
Manche Zweige unseres Wirtschaftslebens haben durch den Krieg einen
gewaltigen Aufschwung erfahren. Alles, was für den Kriegsbedarf zu
arbeiten hat, ist nicht nur reichlich beschäftigt, sondern auch reichlich entlohnt
worden. Auf der anderen Seite liegen weite Felder unserer Volkswirtschaft
sast brach, und die Gläubiger von Forderungen werden hier sehr erhebliche
Ausfälle erleiden.
Am schwersten geschädigt sind Forderungen, deren Schuldner im Aus-
land leben, und es hat deshalb fast seit Beginn des Krieges eine Bewegung
eingesetzt, die für die deutschen Auslandsforderungen ein besondere Behand-
lung verlangt.
Auslandsforderungen sind gegenüber den innerhalb des Deutschen
Reiches zu erfüllenden Ansprüchen zunächst insofern von Anfang im Nach-
teil gewesen, als der im feindlichen Ausland ansässige Schuldner seit Be-
ginn des Krieges für seinen Gläubiger unerreichbar war, und als Schuldner
im neutralen Ausland fast allenthalben durch Moratorien ihrer Zahlungs-
pflicht enthoben waren. Nach deutschem Recht ist die Beitreibung, zum
mindesten die Sicherung der Ansprüche auch während des Krieges möglich
gewesen. Der Fortfall jeder Verzinsung macht sich bei den Auslands-
forderungen vielfach auch schwer bemerkbar. Dazu kommt nun bei den For-
derungen gegen das Ausland, daß auch abgesehen von den durch den Krieg
herbeigeführten Besonderheiten, die Rechtsverfolgung dort sowieso er-
beblich erschwert ist. Im Ausland zu klagen, kommt in den meisten Fällen
sehr viel teurer zu stehen als ein Rechtsstreit im Inland. Auch dauert
das Verfahren meistens sehr viel länger als in Deutschland, und oft hat man
auch die Klage gehört, daß die ausländische Rechtspflege nicht immer mit
der Anparteilichkeit arbeite, die wir von deutschen Gerichten kennen. Nach
Friedensschluß ist zu befürchten, daß die bei unseren Feinden vorhandene
Mißstimmung auch in der Rechtspflege sich geltend machen wird. Mag
auch keiner der Richter im Ausland bewußt zugunsten seiner Landsleute
gegenüber den verhaßten Deutschen das Recht beugen; es gibt bei den
meisten Rechtsstreitigkeiten Fragen, für die im Grunde die Stimmung ent-
scheidet, und wer wollte es dem Gericht verdenken, wenn es bei solchen
Fragen sich lieber auf die Seite des eigenen Bürgers stellt. Der Haß gegen
Deutschland wird sich künftig sicher auch in der Art der Prozeßführung des
ausländischen Schuldners deutlich bemerkbar machen. Im Ausland klagen