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solchen Handlungen leiden. Bei den Zahlungsverboten beißt das insbe-
sondere, ob nicht das Reich dafür einzutreten habe, daß die deutschen Schuld--
ner des feindlichen Auslandes gegenüber ihren Gläubigern keine Rechts-
nachteile daraus erleiden, daß sie infolge des deutschen Verbotsgesetzes nicht
zahlen dürfen.
Man wird vielleicht im Friedensvertrag daran denken wollen, jedem
der beteiligten Staaten die Verpflichtung aufzuerlegen, dafür zu sorgen, daß
aus der wechselseitigen Zahlungssperre den Schuldnern kein Rechtsnachteil
erwachsen dürfe, und daß die bereits eingetretenen Nachteile zu beseitigen.
seien. Die Ausführung einer solchen Vorschrift würde aber im Einzelfalle
vielleicht gar nicht so einfach sein, vor allem nicht die Beseitigung bereits
eingetretener Rechtsnachteile. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß eine
solche Vereinbarung im Friedensvertrag zwar für die ausländischen Schuld-
ner deutscher Gläubiger recht nützlich wäre, daß sie aber dem deutschen
Schuldner gegenüber seinem ausländischen Gläubiger vermutlich deshalb oft
nicht viel helfen würde, weil es im feindlichen Ausland sehr viel schwerer
wäre, sein Recht zu finden. Die verbürgte Gegenseitigkeit steht eben oft nur
auf dem Papier, und es bedeutet daher oft für das Deutsche Reich ein
schlechtes Geschäft, wenn es Gegenseitigkeit vereinbart. Mit ihr gibt Deutsch-
land meistens mehr, als es erhält. Jedenfalls wird man beim Friedensver-
trag auf deutscher Seite nicht unterlassen dürfen, die Rechtsfolgen der
Zahlungssperre eingehend zu regeln.
Wie wichtig diese Frage ist, geht aus einer Strafgerichts-Verhandlung
hervor, welche das Zahlungsverbot gegen England zum Gegenstande gehabt
hat:). Eine Berliner Strafkammer hat einen Verstoß gegen das Zahlungs-
verbot schon darin erblickt, daß der in Deutschland ansässige Mitinhaber
eines chilenischen Handelshauses dieses telegraphisch anzuweisen versucht
hatte, für ein von Chile aus abgeschlossenes Geschäft Zahlung an eine eng-
lische Firma zu leisten. Dieser Fall ist besonders deshalb bemerkenswert,
weil er zeigt, wie die Wirkungen der Zahlungssperre sich nicht nur auf den
wechselseitigen Verkehr der feindlichen Staaten beschränken, sondern auch
Zahlungsvorgänge der neutralen Länder ergreifen können. Es kann also
auch dort ein Schade entstehen. Wäre in dem genannten Fall die Zahlung
unterblieben, so wäre das chilenische Handelshaus nach chilenischem Recht
allen Folgen des Zahlungsverzuges ausgesetzt gewesen. Man sieht aus
diesem einfachen Beispiel, wie der Wirtschaftsverkehr unserer Tage ein Netz
über die ganze Erde gesponnen hat, dessen Verzweigungen so vielfältig und
verwickelt sind, daß Vorgänge, die einen Staat bis in die Tiefe treffen, ihre
Rückwirkungen über die ganze Welt des Handels und Verkehrs hin er-
1) DJ. 1915, 699.