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hat hier schon die verschiedensten Vorschläge gemacht, die sich zum Teil mit
denen decken oder berühren, die überhaupt für die Sicherung der deutschen
Auslandsforderungen erwogen worden sind.:)
Ein besonderer Fall, in dem nach ausländischem Recht Ansprüche auf
Kriegsschadenersatz gegeben sind, ist die Zerstörung oder Beschädigung durch
eine Menschenmenge, für deren Ausschreitungen einzelne nicht haftbar ge-
macht werden können, weil sich der Täter niemals ermitteln läßt. In Bel-
gien, Frankreich und England bestehen ähnliche Vorschriftens), wie sie das.
Tumutltgesetz von 1851 für Preußen gibt. In den von Deutschland besetzten
Teilen Belgiens sind denn auch auf Grund solcher Vorschriften des bel-
gischen Rechts Schadenersatzansprüche geltend gemacht und durchgeführt
wordens). Für Frankreich und England kommt dies natürlich erst nach
Friedensschluß in Betracht, wobei insbesondere die Frage der Verjäh-
rung zu prüfen sein wird. Es wird sich überhaupt empfehlen, in den
Friedensvertrag eine Bestimmung zu bringen, nach welcher den Angehörigen
der kriegführenden Staaten untereinander keine Rechtsnachteile dadurch er-
wachsen dürfen, daß sie infolge des Krieges Verjährungs- oder Ausschluß-
fristen versäumt haben. Aber nicht nur wegen der Verjährung, auch sonst wird.
Deutschland die Landesgesetzgebung der feindlichen Mächte daraufbin
prüfen müssen, ob nicht im Friedensvertrag drohende Rechtsnachteile aus-
drücklich auszuschließen sind, die sich aus den ausländischen, insbesondere den
englischen Gesetzen für deutsche Gläubiger oder Schuldner ergeben. Den
deutschen Bevollmächtigten muß daher genau bekannt sein, nach welcher
Richtung bin die Gesetze der feindlichen Staaten bei der Abwicklung schwe-
bender Verbindlichkeiten den Deutschen besondere Nachteile bringen. Ich
habe schon in der ersten Zeit des Krieges darauf hingewiesen), es sei drin-
gend zu wünschen, daß die Fachkenner der ausländischen Rechte die gesamte
ausländische Gesetzgebung nachprüfen und das Ergebnis dieser Prüfung der
Reichsregierung zur Verfügung stellen.
1) Siehe Seite 81, 88—90.
2) Eine Zusamenstellung dieser Vorschriften gibt Zitelmann in der DJ3. 1915,
S. 17 Anm. 1 (für Belgien: Gesetz vom 10 Vendékmiaire IV (2. 10. 1795); für Frank-
reich Art. 106—109 des Gesetzes vom 5. (nicht 9.) 4. 1884; für England St. 7 und 8
Georg IV C 12 Abschn. 2).
3) Siehe die deutschen Verordnungen vom 3. 2., 20. S. und 13. 10. 1915,
Gesetz= und Verordnungsblatt für die okkupierten Gebiete Belgiens 1915, 921 und
1229. Für die Geltendmachung von Ansprüchen ist ein schleuniges Schiedsgerichts-
verfahren eingeführt. Anspruch auf Erledigung in diesem Verfahren besteht nur
für Anmeldungen, die vor dem 1. 1. 1916 eingereicht worden sind. Die Entscheidungen
des aus drei Personen bestehenden Schiedsgerichts sind endgültig und sofort voll-
streccbar. Die Ansprüche gegen die Gemeinden sind der Pfändung nicht unterworfen.
Auf Ersuchen des Gerichts kann aber die Hinterlegung der Entschädigungssumme er-
wirkt werden. (Wortlaut der Bestimmungen im Anhang.) "
() Siehe den Bericht über die Sitzung des Handelsvertragsvereins (Fachaus-
schüsse für internationales Recht) vom 24. 10. 1915.