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Frage kommen, ebenso unverletzlich wie im Frieden. Demgemäß unter-
sagt die Landkriegsordnung in Artikel 23, Ziffer g:
„Die Zerstörung oder Wegnahme feindlichen Eigentums außer in
den Fällen, wo die Zerstörung oder Wegnahme durch die Erforder-
nisse des Krieges dringend erheischt wird.“
Artikel 28 verbietet weiterhin:
„Städte oder Ansiedlungen, selbst wenn sie im Sturm genommen
sind, der Plünderung preiszugeben.“
Wenn man durch die Teile Ostpreußens wandert, die Schauplatz des
Treibens der Russen gewesen sind, so wird man mit Schmerzen gewahr,
wie weit auch hier das „so ist es“ sich von dem „so soll es sein“ entfernt.
Ein Gebot der Menschlichkeit verlangt, daß man im Kriege sich inner-
halb der Grenzen hält, die unbedingt erforderlich sind, um den Sieg zu
verschaffen. Die Landkriegsordnung hat deshalb in Artikel 23 untersagt:
„a) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen,
b) die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen
des feindlichen Volkes oder Heeres,
e) den Gebrauch von Waffen oder Stoffen, die geeignet sind,
unnötig Leiden zu verursachen.“
Man sieht, das Meiste von dem, was Menschlichkeit verlangen muß,
wenn schon Krieg sein soll, das ist in der Landkriegordnung vom 18. Ok-
tober 1907 zum Gesetz erhoben. Vergleicht man damit, was die Berichte
über die wirkliche Handhabung melden, so empfindet man es bitter, wie
wenig diese Grundsätze schon in das Bewußtsein der kriegführenden Völker
gedrungen sind. Wenn wir recht berichtet sind, so bat man auf seiten
unserer Feinde allen oben genannten Bestimmungen zuwider gehandelt.
Artikel 23 verbietet ferner:
„h) die Aufhebung oder zeitweilige Außerkraftsetzung der Rechte
und Forderungen von Angehörigen der Gegenpartei oder die
Ausschließung ihrer Klagbarkeit.“
Man weiß, in welchem AUmfange unsere Gegner dieser aus dem Wesen
des Rechts gewonnenen Vereinbarung zuwider gehandelt haben, so daß
Deutschland sich schließlich gezwungen gesehen hat, gegenüber den An-
gehörigen der feindlichen Staaten mit Vergeltungsmaßregeln vorzugehen.
Erundsätzlich soll sich allerdings jeder rechtlich denkende Mensch und Staat
auf den Standpunkt stellen: der Rechtsbruch meines Gegners ist für mich
kein Anlaß, ebenfalls unrecht zu tun. Wenn es sich aber darum handelt,
im Kampf um das Dasein sich gegen Verbrecher zu schützen, so steht man