108 HIX. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Frelheit.
füllten Sandsack mitgenommen. Mühsamer ist es, Offuungen in die
Reihen der Pallisaden zu machen. Aber es gelingt. Eine Schanze
wird besonders hartnäckig verteidigt; da tritt der Pionier Wilhelm
Klinke mit seinem Pulversacke vor und ruft: „Durch müßt ihr, Kameraden,
und wenn es mein Leben kostet“. Er hängt den Pulversack an eine
Pallisade, entzündet ihn und sinkt tot nieder. Allein die Pfähle sind
auseinander gerissen, und die Stürmenden dringen ein. Zu einer
andern Schanze trägt Major von Beeren die Fahne hinan. Schon
steht er auf der Brustwehr, da trifft ihn die tödliche Kugel. Auf
einer dritten Schanze pflanzt Feldwebel Probst die Fahne auf. Er.
wird in den rechten Arm geschofsen; da ergreift er mit der Linken den
Säbel, um das Siegeszeichen zu schützen; von einer Kugel und einem
Bajonettstiche tödlich getroffen, sinkt auch er bei der Fahne nieder.
Solch tapferm Mute mußte das Werk gelingen. Um 12½ Uhr waren
alle zehn Schanzen in den Händen der Preußen.
3. Der Kampf ist vorüber; da wird des Feindes gedacht, wie es
Christen geziemt. Gleich dem verwundeten Kameraden wird er auf-
gesucht und aufgehoben; das Gewehr wird zur Tragbahre, und der
Verwundete wird ins Lazarett getragen, wo Brüder des Rauhen Haufes,
Diakonissen und Johanniter das Werk des barmherzigen Samariters
an ihm üben. Im Frieden zu Wien entsagte der König von Däne-
mark allen seinen Rechten auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein
und Lauenburg zu Gunsten des Kaisers von Sstreich und des Königs
von Preußen. Diese beiden regierten von jetzt ab Schleswig-Holstein
gemeinfam.
109. König Marimilian II. von Bayern.
1848—1864.
1. „Ich will Frieden haben mit meinem Volke“ — „das Wohl
und 2|S Glück des bayerischen Volkes ist die Aufgabe meines Lebens;
sie zu lösen, mein unermüdliches Streben“ — das find zwei göldene
Worte aus dem Munde dieses Königs, der in sturmbewegter geit den
Thron seiner Väter erbte. Durch kluge Nachgiebigkeit erzielte er bald
Ruhe im Lande, und die gleich nach seinem Regierungsantritte er-
lassenen Gesetze erwarben ihm die Liebe seines Volkes. Um allen
Ungerechtigkeiten seitens der Beamten vorzubeugen, ward die Ver-
waltung von der Rechtspflege getrennt. Ferner erhielt das Volf durch
Einführung der Schwurgerichte wieder Anteil an der Rechtspflege.
Das Gerichtsverfahren ward öffentlich und mündlich. Der Bauer
wurde von der Gerichtsbarkeit der Standes= und Gutsherrn befreit und
durch Abschaffung der Zehnten und Fronden noch selbständiger. Für
den Ausfall dieser Abgaben bekamen die Grundherren eine Enti chädigung
aus der Staatskasse. Durch diese Ablösung der Grundlasten verschwand
der letzte Rest der Leibeigenschaft, und seitdem blüht unser freier
Bauernstand, der freier Herr seines Bodens ist, zum Wohle des