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Aengstlichen Gremüthern genügt zwar die jetzige Organisation
des Bundes-Heeres noch immer nicht. Allein diese bedenken nicht,
dass alles Gute leider nur langsam reift. Welcher Unterschied
ist zwischen jetzt und einer Zeit, wo z. B. das eine Kloster den
Feldwebel, das zweite den Tambour und das dritte den Haupt-
mann ein und derselben Compagnie zu stellen hatte? Gärtner und
Hirten mussten, ob sie wollten oder nicht, diese Stellen überneh-
men. Welch’ klägliche Rolle die Reichsarmee zur Zeit des sieben-
jährigen Krieges spielte, ist ja heut zu Tage Jedermann bekannt.
Das alles hat sich nun doch bedeutend geändert.
Gefolgt von ihren Bundesgenossen war die „grosse Armee“
der Franzosen 1812 allenthalben Sieger. Der Brand von Moskau
und ein sehr früh sich einstellender Winter machten jedoch der
ganzen Herrlichkeit bald ein Ende. Statt auf dem Rückwege die
verschont gebliebene Strasse nach Kaluga einschlagen zu können,
wurden die Franzosen gezwungen, die Route über Wilna zu .neh-
men. Das grässliche Elend der ordnungslosen Schaaren lässt sich
nicht schildern. Alles was hierüber je geschrieben wurde, bleibt
‘weit hinter der haarstraubenden Wirklichkeit zurück. Nicht un-
erwähnt darf bleiben, dass nachdem die sogenannte „grosse Armee“,
die schönste und bestgeübte, welche die Welt je gesehen, zu
einem regellosen Haufen halbverhungerter, kleider- und waffen-
loser Wilden geworden, die Bayern unter Wrede noch die Ar-
rieregarde (Nachhut) bildeten und zwanzig derselben, bewaffnet
in Reih und Glied, am Morgen des 13. December den Grenzfluss
Niemen überschritten nach vorausgegangenen heftigen Kämpfen
mit den Russen, welche dieses Häuflein aufzureiben gedachten,
das am Tage vorher noch 200 Feuergewehre zählte.
Die wenigen Ueberreste der grossen Armee, immer mehr und
mehr noch zusammen schmelzend, zogen durch Preussen und die
Rheinbundstaaten ihrer Heimath zu.
In ganz Deutschland hatte man sich schon lange danach ge-
sehnt, das drückende französische Joch abzuwerfen. Die schreck-
lichen Ereignisse ın Russland boten hier nun die gewünschte Gre-
legenheit. In der Mühle -Poscherun bei Tauroggen schloss am
30. December 1812 General York eine Uebereinkunft zu gemein-
‘samer Action mit den nachdrängenden Russen. Friedrich Wil-
helm III., lange unentschlossen, gab endlich nach. Die Bildung
von Freiwilligen wurde am 3. Februar 1813 beschlossen und der
König von Preussen war überrascht über die Wirkung dieses Auf-
rufes. Sehr schwach lässt sich wohl nur schildern, welcher
Weininger, Befreiungshalle. 2