Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

124 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
3. Die Wehrpflicht beginnt mit dem vollendeten siebzehnten Lebens- 
jahr und dauert bis zum vollendeten fünfundvierzigsten Lebensjahre.“ 
Staatlose können zwar nach § 11 des Reichsmilitärgesetzes und § 21 
Nr. 2 der Wehrordnung (s. unten S. 173 und 189) wie Deutsche zur Er- 
füllung der Wehrpflicht herangezogen werden; doch ist § 22 auf sie 
nicht anwendbar, da sie nicht aus einem deutschen Staatsverband ent- 
lassen werden können. 
Meinungsverschiedenheiten bestehen darüber, nach welchem Zeit- 
punkt die Frage zu beurteilen ist, ob der Minderjährige, dessen Ent- 
lassung beantragt ist, bereits das Alter der Wehrpflicht erreicht, d. i. das 
siebzehnte Lebensjahr vollendet hat. Hierbei kommen vier Zeitpunkte 
in Betracht, nämlich der Zeitpunkt 
a) der Antragstellung, 
b) des Eingangs des entscheidungsreifen Antrages bei der für die 
Entlassung zuständigen Behörde, 
c) der Ausfertigung der Entlassungsurkunde, 
d) der Zustellung der Entlassungsurkunde. 
Ausschlaggebend wird der Gesichtspunkt sein, daß dem Deutschen 
im zweiten Absatz des § 22 das Recht auf Auswanderung zuerkannt 
ist und daß sonach die Beschränkungen nach Absatz 1 Ausnahmen von 
dem grundsätzlichen Rechtsanspruche auf Entlassung bilden. Demnach 
ist die Einwirkung der Geschäftsbehandlung bei den zuständigen Be- 
hörden und der zufälligen Verzögerungen bei der Zustellung der Ur- 
kunde möglichst auszuschließen. Anderseits kann auch die bloße Antrag- 
stellung, die etwa der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, der 
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, der erforderlichen urkundlichen 
Nachweise ermangelt oder bei einer unzuständigen Behörde eingereicht 
ist usw., für die Beurteilung jener Frage nicht maßgebend sein. Im 
Anschluß an ein Rundschreiben des Reichsamts des Innern vom 
20. Januar 1883 hat sich die allgemeine Ubung gebildet, die mittlere 
Meinung unter Buchstabe b als maßgebend gelten zu lassen. Hat also 
der Minderjährige das siebzehnte Lebensjahr an dem Tage vollendet, 
an dem sein Entlassungsgesuch entscheidungsreif mit den benötigten 
Nachweisen bei der für die Entlassung zuständigen Behörde eingegangen 
ist, so kann sein Gesuch abgewiesen werden; andernfalls darf ihm die 
Entlassung nicht versagt werden. 
Die Vorschrift des §8 22 Abs. 1 Nr. 1 gilt auch für die Fälle, in 
denen die Entlassung des Wehrpflichtigen zugleich mit der Entlassung 
der Eltern beantragt ist.
	        
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