1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften. (8 1.) 37
wirkung aller beteiligten Staaten namentlich deshalb notwendig sei, um
die Beteiligten vor späterer Bestreitung ihres Familienstandes zu schützen.
Die Forderung, die Genehmigung der sämtlichen in Betracht kommen-
den Landesjustizverwaltungen einzuholen oder die Staatsangehörigkeiten
bis auf eine aufzugeben, verursache empfindliche Verzögerungen und
Schwierigkeiten. Überdies bestünde die Gefahr, daß sich erst später er-
gäbe, der Antragsteller habe zur Zeit der Einreichung seines Gesuches
noch einem weiteren Bundesstaate angehört; dann könnte nachträglich
die Gültigkeit der Ehe, der Ehelichkeitserklärung oder der Annahme
an Kindesstatt in Frage gestellt werden. Ahnliche Bedenken biete bei
mehrfacher Staatsangehörigkeit die Frage der religiösen Kindererziehung,
da die Bestimmungen hierüber in den einzelnen Bundesstaaten sehr
verschieden seien. Die Regierungsvorlage gehe von der Annahme aus,
daß der mutmaßliche Wille des Beteiligten darauf gerichtet sei, eine
mehrfache Staatsangehörigkeit zu vermeiden und nur dem Bundesstaate
anzugehören, in dem er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe.
Der Reichstag sprach sich jedoch in Übereinstimmung mit der Mehrheit
seiner Kommission für die entgegengesetzte Vermutung aus und lehnte
den Regierungsentwurf ab, zumal da die Bestimmung des § 20 des
R. u. St Ges. zur Klärung der Staatsangehörigkeiten und zur Vermin-
derung mehrfacher Staatsangehörigkeiten beitragen werde (Komm Ber.
S. 54—57 und 88). Die erörterten privatrechtlichen Schwierigkeiten
bestehen sonach fort.
7. Außer den fünfundzwanzig deutschen Bundesstaaten (aufgeführt
in dem Verzeichnisse deutscher Behörden unten S. 316—319) kommt hier
nach §2 Abs. 1 des R. u. St Ges. auch das Reichsland Elsaß-Lothringen
in Betracht.
8. Der Deutsche ist entweder Staatsangehöriger eines Bundesstaats
oder unmittelbarer Reichsangehöriger. Er kann nicht beide Eigenschaften
nebeneinander besitzen; gibt er seine Staatsangehörigkeit auf, so verliert
er gleichzeitig die Reichsangehörigkeit, die er sich auch nicht vorbehalten
kann (820 des R. u. St Ges.); erwirbt der unmittelbare Reichsangehörige
aber die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate, so hört er auf,
unmittelbarer Reichsangehöriger zu sein. Denn die mittelbare Reichs-
angehörigkeit verleiht ihm in den übrigen Bundesstaaten die gleichen
Vorzüge wie die unmittelbare; im Heimatstaate aber übersteigen seine
Rechte erheblich die des unmittelbaren Reichsangehörigen (vgl. oben S. 35).
9. Die Fassung „besitzt“ ist an Stelle der Ausdrücke „erworben hat"“
und „verliehen erhielt“ gewählt worden, um auch die Familienangehörigen