Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften. (8 1.) 37 
wirkung aller beteiligten Staaten namentlich deshalb notwendig sei, um 
die Beteiligten vor späterer Bestreitung ihres Familienstandes zu schützen. 
Die Forderung, die Genehmigung der sämtlichen in Betracht kommen- 
den Landesjustizverwaltungen einzuholen oder die Staatsangehörigkeiten 
bis auf eine aufzugeben, verursache empfindliche Verzögerungen und 
Schwierigkeiten. Überdies bestünde die Gefahr, daß sich erst später er- 
gäbe, der Antragsteller habe zur Zeit der Einreichung seines Gesuches 
noch einem weiteren Bundesstaate angehört; dann könnte nachträglich 
die Gültigkeit der Ehe, der Ehelichkeitserklärung oder der Annahme 
an Kindesstatt in Frage gestellt werden. Ahnliche Bedenken biete bei 
mehrfacher Staatsangehörigkeit die Frage der religiösen Kindererziehung, 
da die Bestimmungen hierüber in den einzelnen Bundesstaaten sehr 
verschieden seien. Die Regierungsvorlage gehe von der Annahme aus, 
daß der mutmaßliche Wille des Beteiligten darauf gerichtet sei, eine 
mehrfache Staatsangehörigkeit zu vermeiden und nur dem Bundesstaate 
anzugehören, in dem er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe. 
Der Reichstag sprach sich jedoch in Übereinstimmung mit der Mehrheit 
seiner Kommission für die entgegengesetzte Vermutung aus und lehnte 
den Regierungsentwurf ab, zumal da die Bestimmung des § 20 des 
R. u. St Ges. zur Klärung der Staatsangehörigkeiten und zur Vermin- 
derung mehrfacher Staatsangehörigkeiten beitragen werde (Komm Ber. 
S. 54—57 und 88). Die erörterten privatrechtlichen Schwierigkeiten 
bestehen sonach fort. 
7. Außer den fünfundzwanzig deutschen Bundesstaaten (aufgeführt 
in dem Verzeichnisse deutscher Behörden unten S. 316—319) kommt hier 
nach §2 Abs. 1 des R. u. St Ges. auch das Reichsland Elsaß-Lothringen 
in Betracht. 
8. Der Deutsche ist entweder Staatsangehöriger eines Bundesstaats 
oder unmittelbarer Reichsangehöriger. Er kann nicht beide Eigenschaften 
nebeneinander besitzen; gibt er seine Staatsangehörigkeit auf, so verliert 
er gleichzeitig die Reichsangehörigkeit, die er sich auch nicht vorbehalten 
kann (820 des R. u. St Ges.); erwirbt der unmittelbare Reichsangehörige 
aber die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate, so hört er auf, 
unmittelbarer Reichsangehöriger zu sein. Denn die mittelbare Reichs- 
angehörigkeit verleiht ihm in den übrigen Bundesstaaten die gleichen 
Vorzüge wie die unmittelbare; im Heimatstaate aber übersteigen seine 
Rechte erheblich die des unmittelbaren Reichsangehörigen (vgl. oben S. 35). 
9. Die Fassung „besitzt“ ist an Stelle der Ausdrücke „erworben hat"“ 
und „verliehen erhielt“ gewählt worden, um auch die Familienangehörigen
	        
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