1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften. (§ 1.) 39
seiner Angehörigen selbst festzustellen, zu erweitern und zu begrenzen;
dieses Recht schließt jede Einwirkung durch behördliche Entscheidung
eines anderen Bundesstaats aus (EVGH. Bd. 4 S. 509; Bl. f. adm. Pr.
Bd. 40 S. 322 Anm. 1).
Das gleiche gilt für den Streit über den Besitz der unmittelbaren
Reichsangehörigkeit. Auf solche Streitfälle kann Art. 8 Ziff. 1 VG.H Ges.
vom 8. August 1878 nicht ausgedehnt werden, da unter „Bundes= und
Staatsangehörigkeit“ im Sinne dieses Gesetzes nur die inländische Staats-
angehörigkeit und die hieran geknüpfte mittelbare Bundes= oder Reichs-
angehörigkeit zu verstehen ist. Die unmittelbare Reichsangehörigkeit
in den Schutzgebieten hat erst § 6 des Gesetzes vom 15. März 1888
(Rl. S. 73) eingeführt. Da nun nach § 35 des R. u. StGes. wie
nach dem früheren Rechte die Regierung eines Bundesstaats nicht die
unmittelbare Reichsangehörigkeit verleihen oder entziehen kann, so sind
ihre Verwaltungsgerichte oder Behörden auch nicht befugt, über den
Besitz der unmittelbaren Reichsangehörigkeit rechtswirksam zu entscheiden.
Welchen Behörden diese Entscheidung zusteht, wird der Reichskanzler
zu bestimmen haben, wenngleich in § 35 des R. u. Stes. diese Be-
stimmung nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
Häufig wird die Frage des Besitzes der bayerischen Staatsangehörig-
keit nicht allein und selbständig zu entscheiden sein, sondern im Zu-
sammenhange mit einer anderen Rechtsfrage. Solange in Bayern das
Gesetz über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt in Geltung bleibt,
werden Streitigkeiten über das Heimatrecht vielfach mit solchen über
den Besitz oder Verlust der Staatsangehörigkeit verbunden sein. In
solchen Fällen ist der Besitz der Staatsangehörigkeit als Zwischenfrage
für die Erhaltung oder Vererbung des Heimatrechts in dem durch das
Heimatgesetz vorgeschriebenen Verfahren zu behandeln (EuGH. Bd. 2
S. 582, Bd. 3 S. 126, Bd. 4 S. 483, 509, 576, Bd. 6 S. 1, 96, Bd.8 S. 131,
Bd. 9 S. 95, Bd. 10 S. 100, 368, Bd. 12 S. 1, 238, Bd. 13 S. 339, Bd. 17
S. 129, Bd. 19 S. 138, 201 — Bl. f. adm. Pr. Bd. 32 S. 66, Bd. 39 S. 58,
Bd. 40 S. 3229.
Gleichgelagert sind die Fälle, in denen die Einbürgerung oder die
Entlassung aus dem Staatsverbande beantragt war, die zuständige Be-
hörde aber bestreitet, daß der Antragsteller die Staatsangehörigkeit ver-
loren habe oder noch besitze. Auch hier bildet der Besitz oder Verlust
der Staatsangehörigkeit eine Zwischenfrage im Verwaltungsrechtsstreite
über die Einbürgerung oder Entlassung. Zur Entscheidung sind im
I. Rechtszuge die verwaltungsrichterlichen Regierungssenate berufen, deren