Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

68 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
a) zugleich mit seiner eigenen Aufnahme. In diesem Falle bedarf 
es keiner Antragstellung oder Zustimmung des Minderjzährigen, mag er 
auch das 16. Lebensjahr überschritten haben. Denn dieser würde nach 
§ 16 Abs. 2 des R. u. St Ges. mit dem Gewalthaber ausgenommen, selbst 
wenn für ihn gar kein Antrag gestellt wäre; 
b) für dieses allein. Ist der Minderjährige noch nicht sechzehn Jahre 
alt, so genügt der Antrag des Gewalthabers; hat er das 16. Lebens- 
jahr vollendet, so muß auch er den Antrag unterzeichnen. Der Minder- 
jährige unter elterlicher Gewalt kann aber das Aufnahmegesuch nur 
stellen, wenn er antragsfähig ist. Denn im Begriffe des „Antrags" 
liegt die Voraussetzung, daß der Antragsteller imstande ist, die Bedeutung 
der Aufnahme in eine Staatsangehörigkeit zu erkennen und den Ent- 
schluß zum Aufnahmeantrag zu fassen. Ist der Minderzährige hierzu 
etwa wegen Geisteskrankheit oder Schwachsinns nicht fähig, so fehlt ihm 
die Möglichkeit, den Antrag zu stellen. Da nun das Gesetz den Antrag 
des Minderjährigen fordert und dem gesetzlichen Vertreter nur die Er- 
teilung oder Versagung der Zustimmung einräumt, so kann die mangelnde 
Erklärung des antragsunfähigen Minderjährigen nicht durch den An- 
trag des Gewalthabers ersetzt werden. 
II. Für einen Minderjährigen unter Vormundschaft, der das 
16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann der Vormund allein die 
Aufnahme beantragen, gleichviel aus welchem Grunde die Vormund- 
schaft besteht. Tatsächlich wird ein solcher Aufnahmeantrag in der 
Regel nur möglich sein, wenn sich der Minderjährige mit seinen Eltern 
niedergelassen hat und die Eltern gestorben sind oder die elterliche Ge- 
walt verloren haben; denn ein Kind unter sechzehn Jahren kann wohl 
kaum eine selbständige Niederlassung begründen. 
III. Eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat und unter 
Vormundschaft steht, muß ihre Aufnahme selbst beantragen und bedarf 
der Zustimmung des Vormunds. Auch hier ist vorausgesetzt, daß die 
bevormundete Person antragsfähig ist. Es ist daher, wenn die Vor- 
mundschaft wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder Trunksucht be- 
steht, zu prüfen, ob der Bevormundete die oben unter I. b besprochene 
Erkenntnis= und Entschließungsfähigkeit besitzt. 
Für die Zustimmung des Vormunds ist die Genehmigung des Vor- 
mundschaftsgerichts nicht erforderlich (anders im Falle der Entlassung 
nach § 19 Abs. 1 des R. u. Stes. 
(Bayer. VWV. Nr. 3—12).
	        
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