Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

— 122 — 
Die ersten eroberten französischen und ruffischen Geschütze. 
W.T. B. Berlin, 14. August. Vor dem Kaiserpalast in Straßburg 
(Elsaß) stehen seit gestern nachmittag die vier ersten den Franzosen in der 
Schlacht von Mülhausen abgenommenen Feldgeschütze, die von den Mann- 
schaften unter dem Jubel der Bevölkerung eingebracht wurden. Ebenso 
stehen vor dem Generalkommando in Allenstein vier eroberte russische 
Geschütze. 
Sozialdemokraten über den Krieg. 
In der neuesten Ausgabe der „Sozialistischen Monatshefte“ beschäf- 
tigen sich einige Führer der sogenannten Revisionisten mit dem Kriege und 
der Stellung der Sozialdemokratie dazu. Der Reichstagsabgeordnete 
Ludwig Quessel schreibt in einem Aufsatze über das Schicksal unseres 
Volkes u. a. folgendes: 
„Ein furchtbares Schicksal droht der Nation. Von Ost, West und 
Nord stürmen die Feinde heran, sie niederzuwerfen. Das Volk, das im 
Reich des Geistes die herrlichsten Bauwerke errichtet, dessen gewaltige sitt- 
liche Kraft den modernen Sozialismus geboren, soll jetzt die Beute von 
Völkern werden, deren Anlagen und Begabungen nirgendwo begeistertere 
Anerkennung fanden als gerade auf deutscher Seite. Was die Feinde 
Deutschlands planen, ist eine Versündigung an der Kultur und der Mensch- 
heit überhaupt, die nimmermehr so hoch hätte steigen können, wenn deutsche 
Geistesarbeit ihr nicht mit den Weg empor gebahnt hättte.... Wer 
das deutsche Volk niederwerfen und für alle Zeiten ohnmächtig machen 
will, trachtet danach, alle menschlichen Zukunftshoffnungen zu vernichten. 
Die deutschen Arbeiter werden sich zu wehren wissen ... Was auch 
immer die herrschenden Klassen gesündigt haben mögen: in diesem Augen- 
blick, wo es sich um Sein oder Nichtsein handelt, steht die Arbeiterklasse 
va der Fahne ihres Volkes, sie kämpft unter ihr für Gerechtigkeit und. 
reiheit.“ 
Der Reichstagsabgeordnete Eduard Bernstein legt dar, daß Rußland 
nur im Sinne seiner alten Machtansprüche jetzt sein Schwert für die groß- 
serbische Verschwörung in die Wagschale geworfen habe. Rußland sei der 
eigentliche und wahre Anstifter des gegenwärtigen Krieges. Seine Mobil- 
machung sei eine Kriegsmaßregel, keine Friedensmaßregel gewesen. Daß 
Frankreich mit Rußland gehen werde, sei zu erwarten gewesen; auch die 
Stellungnahme Englands komme nicht überraschend. Die für die aus- 
wärtige Politik Englands verantwortlichen Personen hätten schon früher 
Abmachungen mit Rußland und Frankreich getroffen. Die Folgen dieser 
ktatsiberdung werde England zu tragen haben. Dann fährt er wört- 
ich fort: 
„Indes ist es jetzt nicht an der Zeit, die Frage zu erörtern, welche 
Motive die englische Regierung zu ihrem in jedem Betracht verwerflichen 
Entschluß bestimmt haben. Jetzt handelt es sich nur darum, daß Deutschland 
mit Oesterreich im Bund gegen seine Widersacher Sieger bleibt. Dazu 
braucht es allerdings des Aufgebots aller Kräfte, über die die Nation ver- 
fügt. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat dies anerkannt und 
der Regierung die für die Kriegführung erforderlichen Mittel bewilligt. 
Sie tat es aus reinem Pflichtgefühl für das Interesse des eigenen Volks, 
ohne den geringsten Anflug von Chaupvinismus.“ 
Der Herausgeber der „Sozialistischen Monatshefte“ Dr. Josef Bloch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.