— 136 —
von uns eroberten Gebieten würdig an die Seite zu stellen. In der Nacht
vom 14. zum 15. August wurde in Kalisch wieder auf die eingerückten
deutschen Truppen aus dem Hinterhalt geschossen. Es ist dies nunmehr
auf unserer Ostfront der dritte derartige Ueberfall. Wie die anderen
Male, so ist auch in diesem Falle der Verlust braver deutscher Krieger
zu beklagen. Es wurden zwei Mann getötet, zwanzig bis dreißig Mann
verwundet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es sich um einen plan-
mäßigen Angriff der nichtmilitärischen Bevölkerung handelt, und der
Verdacht besteht, daß, wie in Frankreich und Belgien, so auch in Rußland
diese Banden mit der Regierung in Verbindung stehen. Wie in Frank-
reich und Belgien, so werden auch in Rußland unsere Truppen dieser Zu-
stände Herr werden und rücksichtslos einschreiten.
Die Entscheidung bereits in Kronstadt getroffen.
W.T. B. Frankfurt a. M., 15. August.
Der Pariser Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“ schreibt in.
seinen Pariser Erinnerungen aus den Mobilisierungstagen:
„Bis zum 29. Juli sah man die Entwicklung des österreichisch-
serbischen Konfliktes ohne Beunruhigung an. Die morgendlichen und
abendlichen Kabinettssitzungen galten als darauf berechnet, dem Publikum
die Wachsamkeit der Regierung zu demonstrieren. In Kreisen des Aus-
wärtigen Amtes wurde nicht verhehlt, daß die Entscheidung bereits vor
der Abreise von Kronstadt getroffen wurde. Wie die maßgebenden Kreise,
bewahrte auch das Publikum Optimismus. Am Mittwoch bei der Rück-
kehr Poincarés und Vivianis wurde diese Zuversicht plötzlich vernichtet.
Dem nationalistischen Empfange am Bahnhofe wurde durch die Abend-
blätter Bedeutung beigelegt, woraus zu schließen war, daß die Anweisung
an die Presse ergangen war, diese geringfügige nationalistische Kund-
gebung zu ausgedehnter Stimmungsmache zu benutzen. Am Donnerstag
abend traf der Korrespondent mit einem jungen Mitarbeiter Vivianis zu-
sammen, der auf Fragen erwiderte, es liege noch immer kein Grund vor,
zu verzweifeln. Aber er sagte das mit dem Ausdruck der Beklemmung.
Da ich ihn fragend ansah, fügte er hinzu: „Gewiß, es kann sich alles noch
arrangieren, aber leider hängt die Entscheidung weder von Paris noch
von Berlin ab.“
Ein Amerikaner über Deutschlands gerechte Sache.
Der Berliner Spezialkorrespondent des „Newyork Herald“, Aubrey
Stanhope, hat seinen in die Heimat zurückkehrenden Landsleuten einen
Brief für sein Blatt mitgegeben, in welchem er sich der Aufgabe unter-
zieht, den Amerikanern die Wahrheit über die gegenwärtigen Zustände in
Deutschland mitzuteilen. Wir entnehmen diesem Schreiben folgendes:
„Die Korrektheit der Haltung und des Benehmens der deutschen
Regierung und des deutschen Volkes während dieser angstvollen und
unruhigen Zeit ist über jeden Tadel erhaben gewesen. Es hat ein solches
Maß der Selbstbeherrschung, fast bis zur Großherzigkeit gezeigt, und
dies angesichts beständiger Herausforderung nach den Berichten über
die Mißhandlungen von Deutschen in den feindilchen Ländern, daß
ich mit Staunen und Bewunderung für diesen in seiner höchsten Gestalt
bekundeten humanitären Geist erfüllt wurde. Mir ist kein Fall von
grundloser Beleidigung irgendeines Ausländers in Berlin bekannt.