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„Serbien erkennt an, daß es durch die in Bosnien geschaffene Tat-
sache in seinen Rechten nicht berührt, und daß es sich demgemäß den Ent-
schließungen anpassen wird, welche die Mächte in bezug auf Artikel 25
des Berliner Vertrages treffen werden. Indem Serbien den Ratschlägen
der Großmächte Folge leistet, verpflichtet es sich, die Haltung des Protestes
und des Widerstandes, die es hinsichtlich der Annexion seit vergangenem
Oktober eingenommen hat, aufzugeben und verpflichtet sich ferner, die
Richtung seiner gegenwärtigen Pülitir gegenüber Oesterreich-Ungarn zu
ändern und künftighin mit diesem letzteren auf dem Fuße freundnach-
barlicher Beziehung zu leben.
Die Geschichte der letzten Jahre und insbesondere die schmerzlichen
Ereignisse des 28. Juni haben demgegenüber das Vorhandensein einer
subversiven Bewegung in Serbien erwiesen, deren Ziel es ist, von der
österreichisch-ungarischen Monarchie gewisse Teile ihres Gebietes loszu-
trennen. Diese Bewegung, die unter den Augen der serbischen Regierung
entstand, hat in der Folge jenseits des Gebiets des Königreiches durch
Akte des Terrorismus, durch eine Reihe von Attentaten und durch Morde
Ausdruck gefunden.
Weit entfernt, die in der Erklärung vom 31. März 1909 enthaltenen
formellen Verpflichtungen zu erfüllen, hat die königlich serbische Regie-
rung nichts getan, um diese Bewegung zu unterdrücken. Sie duldete das
verbrecherische Treiben der verschiedenen gegen die Monarchie gerichteten
Vereine und Vereinigungen, die zügellose Sprache der Presse, die Ver-
hrrlichung der Urheber von Attentaten, die Teilnahme von Offizieren
und Beamten an subversiven Umtrieben, sie duldete eine ungesunde Pro-
paganda im öffentlichen Unterrichte und duldete schließlich alle Mani-
festationen, welche die serbische Bevölkerung zum Haß gegen die Monar-
chie und zur Verachtung ihrer Einrichtungen verleiten konnten. Diese
Duldung, der sich die königlich serbische Regierung schuldig machte, hat
noch in jenem Moment angedauert, in dem die Ereignisse des 28. Juni
der ganzen Welt die grauenhaften Folgen solcher Duldung zeigten. Es
erhellt aus den Aussagen und Geständnissen der verbrecherischen Urheber
des Attentates vom 28. Juni, daß der Mord von Serajewo in
Belgrad ausgeheckt wurde, daß die Mörder die Waffen und
Bomben, mit denen sie ausgestattet waren, von serbischen Offizieren und
Beamten erhielten, die der Narodna Odbrana angehörten, und daß
schließlich die Beförderung der Verbrecher und deren Waffen nach Bos-
nien von leitenden serbischen Grenzorganen veranstaltet und durchgeführt
wurde.
Die angeführten Ergebnisse der Untersuchung gestatten es der k. und
k. Regierung nicht, noch länger die Haltung zuwartender Langmut zu
beobachten, die sie durch Jahre jenen Treibereien gegenüber eingenommen
hatte, die ihren Mittelpunkt in Belgrad haben und von da auf die Ge-
biete der Monarchie übertragen werden. Diese Ergebnisse legen der
k. und k. Regierung vielmehr die Pflicht auf, Umtrieben ein Ende zu
bereiten, die eine beständige Bedrohung für die Ruhe der Monarchie
bedeuten. Um diesen Zweck zu erreichen, sieht sich die k. und k. Regierung
gezwungen, von der serbischen Regierung eine offizielle Versicherung zu
verlangen, daß sie die gegen Oesterreich-Ungarn gerichtete Propaganda