Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Telegramm Seiner Majestät des Kaisers an den König von England 
vom 1. August 1914. 
Ich habe soeben die Mitteilung Deiner Regierung erhalten, durch die 
sie die französische Neutralität unter der Garantie Großbritanniens an- 
bietet. Diesem Anerbieten war die Frage angeschlossen, ob unter diesen 
Bedingungen Deutschland darauf verzichten würde, Frankreich anzugreifen. 
Aus technischen Gründen muß Meine schon heute nachmittag nach zwei 
Fronten, nach Osten und Westen, angeordnete Mobilmachung vorbereitungs- 
gemäß vor sich gehen. Gegenbefehl kann nicht mehr gegeben werden, weil 
Dein Telegramm leider zu spät kam. Aber wenn mir Frankreich seine Neu- 
tralität anbietet, die durch die englische Armee und Flotte garantiert 
werden muß, werde ich natürlich von einem Angriff auf Frankreich ab- 
sehen und meine Truppen anderweitig verwenden. Ich hoffe, Frankreich 
wird nicht nervös werden. Die Truppen an meiner Grenze werden gerade 
telegraphisch und telephonisch abgehalten, die französische Grenze zu über- 
schreiten. gez. Wilhelm. 
Telegramm des Reichskanzlers an den Kaiserlichen Botschafter in London 
vom 1. August 1914. 
Deutschland ist bereit, auf den englischen Vorschlag einzugehen, falls sich 
England mit seiner Streitmacht für die unbedingte Neutralität Frankreichs 
im deutsch-russischen Konflikt verbürgt. Die deutsche Mobilmachung ist 
heute auf Grund der russischen Herausforderung erfolgt, bevor die eng- 
lischen Vorschläge hier eintrafen. Infolgedessen ist auch unser Aufmarsch an 
der französischen Grenze nicht mehr zu ändern. Wir verbürgen uns aber 
dafür, daß die französische Grenze bis Montag, den 3. August, abends 7 Uhr, 
durch unsere Truppen nicht überschritten wird, falls bis dahin die Zusage 
Englands erfolgt ist. gez. Bethmann Hollweg. 
Telegramm des Königs von England an Seine Majestät den Kaiser 
vom 1. August 1914. 
In Beantwortung Deines Telegramms, das soeben eingegangen ist, 
glaube ich, daß ein Mißwerständnis bezüglich einer Anregung vorliegen muß, 
die in einer freundschaftlichen Unterhaltung zwischen dem Fürsten Lich- 
nowsky und Sir Edward Grey erfolgt ist, als sie erörterten, wie ein wirk- 
licher Kampf zwischen der deutschen und der französischen Armee vermieden 
werden könne, solange noch die Möglichkeit besteht, daß ein Einverständnis 
wischen Oesterreich und Rußland erzielt wird. Sir Edward Grey wird den 
Fürsten Lichnowsky morgen früh sehen, um festzustellen, ob ein Mißwerständ- 
nis auf seiner Seite vorliegt. gez. Georg. 
Telegramm des Kaiserlichen Botschafters in London an den Reichskanzler 
vom 2. August 1914. 
Die Anregungen Sir Edward Greys, die auf dem Wunsche beruhten, 
die Möglichkeit dauernder Neutralität Englands zu schaffen, sind ohne vor- 
herige Stellungnahme mit Frankreich und ohne Kenntnis der Mobil- 
machung erfolgt und inzwischen als völlig aussichtslos aufgegeben. 
gez. Lichnowsky. 
„Der Schwerpunkt der von Deutschland abgegebenen Erklärungen, so 
bemerkt dazu die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, „liegt in dem Tele- 
gramm Kaiser Wilhelms an den König von England. Auch wenn ein 
  
  
 
	        
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