Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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sein. Die Räumung erfolgte methodisch ohne jegliche Ueberstürzung als 
dringend gebotene und einzig richtige strategische Maßregel, deren weiteres 
Hinausschieben schwere Nachteile sowohl für die Armee, wie für die Be- 
völkerung der Stadt hätte nach sich ziehen können. Wichtige militärische 
operative Rücksichten erheischen die Räumung der Stadt. Vom rein mensch- 
lichen Standpunkte und vom Gesichtspunkte der Opportunität hätte es wohl 
nicht den geringsten Sinn gehabt, die offene Stadt den Gefahren einer 
Beschießung auszusetzen. Das Vertrauen aller Kreise der Bevölkerung zu 
unserer Armeeleitung ist so festgewurzelt und unerschütterlich, daß es wohl 
überflüssig wäre, die Zweckmäßigkeit und Unerläßlichkeit der erfolgten 
Maßregel eingehender zu begründen, als dies der amtliche Bericht besorgt. 
Hätte Lemberg eine militärische Wichtigkeit, so wäre diese Stadt gewiß 
nicht unbefestigt geblieben. Man wird es nur zu begreiflich finden, wenn 
die unmittelbar Betroffenen die Räumung ihrer Stadt schmerzvoll emp- 
finden. Aber das Bewußtsein, daß sie das Opfer temporärer Heimlosigkeit 
dem Wohl der Gesamtheit bringen, wird auch sie in ihrem schweren Kum- 
mer aufrichten. Schließlich wird auch für sie in ihrem schweren 
Kummer die Stunde der Erlösung schlagen. Es hat keinen Sinn, um 
Städte zu trauern, wenn Reiche befestigt werden. 
Eine belgische Deputation bei König Georg von England. 
Kopenhagen,, 7. September. Gestern kam in London, wie von 
dort gemeldet wird, von Belgien eine Deputation an, die eine Audienz im 
Buckinghampalast erhielt. Der Wortführer, der belgische Justizminister, 
gab dem König eine Schilderung der unglücklichen Zustände in seiner 
Heimat. König Georg erwiderte, daß er sehr empört über die Mitteilungen 
7 die er erhalten hätte, und er schloß seine Erwiderung mit folgenden 
orten: 
„Ich bin dankbar für den tapferen Widerstand, den Belgien geleistet 
hat, und ganz England vereint seinen Dank mit dem meinen. Es wird 
in Belgien sehr schnell anders aussehen, wie am heutigen Tage, und der 
Zeitpunkt ist nahe, wo Belgien Europas Dank und Belohnung ernten wird 
für seine glänzende Verteidigung und seine großen Opfer.“ (Nat.-Ztg.) 
Die Kämpfe der Armee Dankl. 
W.T. B. Wien, 7. September. Amtlich wird gemeldet: Aus den 
schon gemeldeten abermaligen Kämpfen der Armee Danll, gegen welche 
der Feind mit der Bahn namhafte Verstärkungen heranführte, wurde 
bekannt, vaß speziell eine Gruppe unter dem Befehl des Feldmarschall- 
leutnants Kestranek einen starken Angriff der Russen blutig abwies und 
hierbei weitere sechshundert Gefangene einbrachte. Sonst herrscht auf den 
Kriegsschauplätzen, soweit bekannt, auch heute relative Ruhe. 
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. 
Hoefer, Generalmajor. 
Ein neuer Beweis für Rußlands Kriegsvorbereitungen. 
Wien, 7. September. Unter den kriegsgefangenen russischen Sol- 
daten in den hiesigen Spitälern befinden sich auch Sibirier und Kaukafier, 
ein Beweis dafür, seit wie langer Zeit Rußland den Krieg vorbereitete. 
Englische Schiffsverluste. 
Eine Verlustliste der englischen Flotte, und zwar eine bloße Nach- 
tragsverlustliste, die in der „Times“ vom 2. d. Mts. enthalten ist, enthält
	        
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