Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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Jahre 1912 sagte Sir Edward Grey zu einem befreundeten Staats- 
mann: „Serbien bedeutet eine stete Gefahr für den europäischen Frieden; 
leine ungemessenen Aspirationen bedrohen ohne Aufhören unsere Ruhe, 
die königsmörderische Dynastie kann sich eben nur durch äußere Erfolge 
behaupten.“ Als König Peter einen Besuch in Wien machen wollte 
und dann aus Furcht vor seiner heimischen Presse nicht kam, sagte ein 
sehr hochstehender englischer Staatsmann: „Es ist eine Schande, daß 
dieses blutbefleckte Individuum die edelmütig gebotene Hand des Kaisers 
von Oesterreich nicht ergreift. Der Mensch sollte glücklich sein, dem 
Kaiser vor aller Welt seine Verehrung erweisen zu dürfen und so seine 
abscheulichen Missetaten etwas in Vergessenheit zu bringen, aber es 
scheint, daß seine Feigheit ebenso groß ist wie seine Beschränktheit.“ Vor 
Ausbruch der jetzigen Krise sagte der erste diplomatische Vertreter Eng- 
lands zum Chefredakteur des genannten Blattes: „Es gibt keinen Eng- 
länder, der es nicht von Herzen wünschen würde, daß die Serben einmal 
eine derbe und tüchtige Lektion erhalten.“ Mit diesem so klar und richtig 
eingeschätzten Staat ficht nun England Schulter an Schulter. Die Hab- 
gier schafft eben seltsame Bettgenossen, und wer selbst auf Raub ausgeht, 
ist natürlich ein wenig tolerant gegen die Moral seiner Spießgesellen. 
Botschafter Graf Bernstorff über den Krieg. 
Graf Johann v. Bernstorff, der deutsche Botschafter in Washington, 
ist von seinem Urlaub nach den Vereinigten Staaten zurückgekehrt und 
gab, wie amerikanische Blätter melden, die Erklärung ab, daß Deutsch- 
land in dem Kampfe gegen die Verbündeten fiegen müsse, denn seine 
Sache sei gerecht. Er fügte hinzu, daß Amerika die Lage sehr bald in 
dem gleichen Lichte sehen würde. Ferner äußerte sich Graf Bernstorff 
folgendermaßen: 
Meine Gattin arbeitet im Roten Kreuz in München, und mein 
Sohn steht bei der Garde in der Umgebung des Kaisers. Alle meine 
Sekretäre stehen in der Front, und ich bedauere, daß es mir nicht ver- 
gönnt ist, mit den Waffen für Kaiser und Reich zu kämpfen. Vom Kaiser 
herab bis zum niedrigsten Arbeitsmann ist Deutschlands Volk vereinigt, 
das Vaterland gegen die frivolen und unbegründeten Angriffe der 
neidischen Mächte zu verteidigen. Das deutsche Volk wird bis zum letzten 
Atemzug kämpfen und wird siegreich aus dem Kampfe hervorgehen. 
Beim Ausbruch des Krieges hat England das Kabel nach diesem neu- 
tralen Land durchschnitten, einzig und allein, um zu verhindern, daß die 
Wahrheit nach hier gelange. Es gab keinen anderen Grund für diese 
Handlung, als den Wunsch, das amerikanische Volk daran zu hindern, 
den wahren Sachverhalt über den Krieg und seinen Verlauf zu erfahren. 
Ich bin aber davon überzeugt, daß das amerikanische Volk sich „fair“ 
genug zeigen wird, um alle von England und Frankreich einlaufenden 
Nachrichten mit dem richtigen Maßstab zu messen. Das Hinzuziehen von 
Japanern in einen europäischen Krieg zeigt vor allen Dingen eine Tat- 
sache, das ist, daß England sich nicht sicher fühlt. Zweifellos wird Japan 
Kiautschou besetzen, das ist schon eine Folge seiner numerischen Ueber- 
legenheit. Nach dem Kriege aber wird Japan die Suprematie im Paci- 
fischen Ozean haben, wonach es schon seit vielen Jahren gestrebt hat. 
Japan benützte den Vorteil, einen entscheidenden Schlag zu führen, um
	        
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