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dern. Aber ich weiß, daß mein Volk auch in diesem Kampf mit der
gleichen Treue, Einmütigkeit, Opferwilligkeit und Entschlossenheit zu
mir steht, wie es in früheren schweren Tagen zu meinem in Gott
ruhenden Großvater gestanden hat. Wie ich von Jugend auf gelernt
habe, auf Gott den Herrn meine Zuversicht zu setzen, so empfinde ich in
diesen ernsten Tagen das Bedürfnis, vor ihm mich zu beugen und
seine Barmherzigkeit anzurufen. Ich fordere mein Volk auf, mit mir
in gemeinsamer Andacht sich zu vereinigen und mit mir am 5. August
einen außerordentlichen allgemeinen Bettag zu begehen. An allen
gottesdienstlichen Stätten im Lande versammle sich an diesem Tage mein
Volk in ernster Feier zur Anrufung Gottes, daß er mit uns sei und unsere
Waffen segne. Nach dem Gottesdienst möge dann, wie die dringende
Not der Zeit es erfordert, ein jeder zu seiner Arbeit zurückkehren.
Ich erwarte, daß alle zuständigen Stellen das zur Ausführung dieses
Erlasses Erforderliche unverzüglich anordnen werden.
Berlin im Schloß, den 2. August 1914.
gez. Wilhelm lI. R.
ggez.: v. Trott zu Solz.
Danksagung des Kaisers.
Seine Majestät der Kaiser haben den Oberbürgermeister von Berlin
wissen lassen, daß die Huldigungen und Kundgebungen der Berliner
Bevölkerung in den letzten Tagen als Ausdruck patriotischer Gesinnung
und Begeisterung seinem Herzen wohlgetan haben. Seine Majestät
wisse, daß er auf die treue Gesinnung der Berliner Bürgerschaft aller
Schichten wie auf die Einigkeit des gesamten deutschen Vaterlandes
auch in ernstester Zeit rechnen könne.
Die Seiner Majestät für die nächsten Tage obliegenden schwer-
wiegenden Entschließungen lassen es aber von nun ab unerläßlich er-
scheinen, daß Seiner Majestät Aufenthalt und seine Tätigkeit für das
Wohl unseres Volkes im Schlosse nicht durch Kundgebungen von der
Straße gestört werde. Es wird daher Pflicht der Bürger sein, An-
sammlungen und Huldigungen in der Nähe des Schlosses für die kom-
menden Tage zu unterlassen.
Aufrufe zur Erntearbeit vom Kultusministerium.
Da für die Landesverteidigung und den ordnungsgemäßen Auf-
marsch unseres Heeres eine rechtzeitige Einbringung der Ernte von der
größten Wichtigkeit ist, hat der Kultusminister alle Regierungen durch
einen Erlaß vom 31. Juli d. J. (Journal-Nr. III## 1501) angewiesen,
Anträge auf Befreiung der größten Schulkinder vom Unterricht in den-
jenigen Gegenden, in denen die Bergung der Ernte in Frage gestellt
ist, zu genehmigen.
Ein entsprechender Erlaß ist auch für die höheren Lehranstalten
an sämtliche Provinzial-Schulkollegien ergangen.
Ein französisches Flugzeug heruntergeschossen.
Berlin, 2. August 1914, 9 Uhr 55 Minuten.
Ein französisches Flugzeug wurde bei Wesel heruntergeschossen.