Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

— 368 — 
Willdorf bei Jülich mit der Bahn an und vom 12. August ab marschieren 
wir mit einem einzigen Ruhetag — am 16. August in einem belgischen 
Dorfe unweit Lüttich — bis heute, wo wir dicht bei . . sind. Das sind 
Märsche der .. . Armee, wie sie bisher in der Kriegsgeschichte noch nicht 
dagewesen sind. Das Wetter war schön, nur brannte siedende Hitze auf 
uns nieder. Das Regiment hat mehrmals 50 Kilometer als Tages- 
leistung zu verzeichnen. Ueberall erregte unsere Ankunft höchstes 
Erstaunen, so in Löwen und in Brüssel, wo auf einmal das ganze 
einrückte. Wir wurden zuerst und auch jetzt noch in jedem Dorfe für 
Engländer gehalten, weil die Leute nicht begreifen können, daß wir schon 
da sind. Die Belgier steckten übrigens in der letzten Zeit ihre Dörfer 
fast immer selbst in Brand. Am 24. August traten wir zuerst ins Gefecht: 
ich führte eine kombinierte Brigade, bestehend aus ... Das Regiment 
hat sich glänzend geschlagen und ist trotz der kolossalen Anstrengungen in 
bester Stimmung und kampfesfreudig. Ich war an diesem Tage dauernd 
im schärfsten Gewehr= und Geschützfeuer. Seitdem gibt es fast täglich 
kleinere Gefechte und stets riesige Märsche; der Feind läuft mit Sieben- 
meilenstiefeln vor uns her. Am 26. August hatten wir einen Marsch von 
genau 23 Stunden, von früh ½7 bis zum nächsten Morgen ½6 Uhr. 
Dabei sollte ich mit dem Regiment über eine Brücke, um eine Stellung 
zum Schutze eines Brückenbaues einzunehmen; die Brücke war aber, wie 
wir rechtzeitig feststellten, mit Minen belegt — 20 Minuten darauf flog 
sie in die Luft. Nach dreistündiger Ruhe auf einem Stoppelfeld, nachdem 
wir alle aus der Feldküche gemeinsam mit den Mannschaften — wie 
überhaupt fast immer — gegessen hatten, ging es weiter bis zur Dunkel- 
heit. Die Stimmung ist vorzüglich. Ich habe für heute nacht ein richtiges 
Bett, ich glaube das viertemal im Krieg; seit acht Tagen habe ich mich 
heute das erstemal ausgezogen.“ (Germania, 426, 17. September.) 
Zurückhaltende französische Urteile über die Schlachtlage. 
Kopenhagen, 17. September. Die offiziellen französischen Be- 
richte über die Schlachtlage warnen vor übereiltem Optimismus. Trotz- 
dem haben sich bereits Herr Poincaré und der gar in schwungvollen Tele- 
grammen beglückwünscht. Sehr reserviert schreibt der „Temps“ in einem 
Leitartikel über die militärische Situation: „Man darf nicht glauben, 
daß mit dem Rückzug der Deutschen alles entschieden ist. Die Deutschen 
werden den Kampf fortsetzen bis auf den letzten Mann. Dabei haben 
die Deutschen den Vorteil, gegen die Grenzen des eigenen Landes zurück- 
zugehen, wo sie mit frischen Mannschaften und Zufuhren versehen werden. 
Unsere Truppen müssen den Deutschen auf Gebiete folgen, die sie 
selbst verwüstet haben, um den Deutschen ihr Vorrücken zu erschweren, 
und die Deutschen werden diese Zerstörungen besonders an Eisenbahnen 
selbstverständlich vollenden. Dazu kommt, daß unsere Truppen ganz er- 
schöpft von einem zwanzigtägigen Marsch und Kampf sind. Wir dürfen 
uns daher nicht allzu große Illusionen machen von den Kämpfen, die nun 
bevorstehen. (Berl. Tageblatt, 473, 17. September.) 
König Albert schlecht unterrichtet. 
Der Korrespondent des Londoner „Daily Chronicle“ in Antwerpen 
ist vom König der Belgier in Audienz empfangen worden. Der König
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.