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Die griechische Neutralität.
Die Uebernahme des Oberbefehls der griechischen Flotte durch den
Chef der englischen Marinemission in Griechenland, Admiral Kerr, hat,
wie wir zuverlässig hören, nicht die ihr in einem Athener Blatt zugeschrie-
bene politische Bedeutung. Sie wurde dadurch veranlaßt, daß der grie-
chische Admiral Konndoweiotis einen Urlaub erbeten und erhalten hat.
Der Oberbefehl ging nach den geltenden Bestimmungen auf den rang-
ältesten Admiral über, d. i. in diesem Falle auf den Admiral Kerr. Keines-
wegs aber liegt es in der Absicht der griechischen Regierung, mit der
Ausführung einer Bestimmung der Marinerangordnung eine politische
Tatsache zu schaffen und die Aufgabe der Neutralität Griechenlands in Aus-
sicht zu stellen. (Tg, 20. Sept.)
Aufstandsbewegung in Marokko.
W.T. B. Amsterdam,, 19. September. Der „Rotterdamsche Cou-
rant“ meldet ohne Quellenangabe: In Gibraltar verlautet, daß die Marok-
kaner sich entlang der ganzen Küste zu rühren beginnen. Nach demselben
Bericht verließen Tausende Tanger und Umgebung und setzten nach Alge-
ciras über aus Furcht vor einem marokkanischen Aufstand.
Englands Fiasko in Bulgarien.
„Lieber sterben, wie unter russischem Joch kommen“.
W.T. B. Sofia, 19. September. Die Arbeiterzeitung „Rabot-
nitschewski Westnik“ bespricht im Zusammenhange mit den Bemühungen
des Präsidenten des Balkankomitees, Buxton, die Politik Englands und
sagt, die Unabhängigkeit Bulgariens habe für England nur insoweit Inter-
esse, als sich Bulgarien der Eroberung der Meerengen durch Rußland wider-
setzen würde. England würde auch heute Bulgarien opfern, wenn es einen
guten Tausch machen könnte. Wenn England heute Bulgarien Freundlich-
keiten erweist, sei dies bloß, um Bulgarien später um so teurer verkaufen
zu können. Die Rettung Bulgariens von der sogenannten englischen Hoch-
herzigkeit zu erwarten, wäre lächerlich. Diese Hochherzigkeit zeige sich in
Indien durch eine beispiellos furchtbare Ausbeutung eines 300-Millionen=
Volkes, in Aegypten in der Knechtung und Beraubung eines anderen
Volkes. England wirke auf der ganzen Welt mit Gewalt, Rechtsverletzung
und Raub. Auch sei die servile Rolle des demokratischen Englands gegen-
über dem russischen Zarismus genugsam bekannt, als daß jemand an edle
Motive Englands glauben könnte.
Sofia,, 19. September. Die „Kambana“ schreibt: Während Ruß-
land den Slawen Oesterreich-Ungarns Befreiung versprechen will, kämpfen
diese Slawen heldenmütig gegen das schwarze fürchterliche Gespenst, ge-
nannt Rußland, und wollen lieber sterben, als unter russisches Joch
kommen; welche JIronie des Schicksals, daß die politischen und wirtschaft-
lich abhängigen Slawen die freien kulturell hochstehenden übrigen Slawen
befreien wollen! Der Sieg Rußlands wäre eine ungeheuerliche Ent-
stellung der Natur, Geschichte und der Moral.
Sir Edward, der Freiheitsheld.
Fortsetzung der Abrechnung.
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ vom 20. September gibt jetzt eine deutliche
Erwiderung auf die von uns schon charakterisierte Erklärung, die zur Ab-