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schwächung der Ausführungen des Reichskanzlers über Englands „Frei-
heitspolitik“ im Auftrage des Ministers Grey der dänischen Presse zu-
gertellt worden war. Der Greysche Erguß gibt dem halbamtlichen Blatte
nlaß zu folgenden Bemerkungen:
Der Reichskanzler hatte es für auffällig erklärt, daß Asquith bei
der Aufzählung der kleineren Staaten, deren Neutralität von Deutsch-
land gefährdet und von Deutschland geschützt würde, Dänemarks nicht
gedacht hatte. Sir Edward Grey will diese Auslassung damit ent-
schuldigen, daß es für einen Redner unmöglich wäre, in jeder öffentlichen
Rede die ganze Frage in allen Einzelheiten zu erörtern. Das ist zweifel-
los richtig. Auch der Reichskanzler hat zum Beispiel darauf verzichtet,
in seiner kurzen Erklärung des russisch-englischen Abkommens vom Jahre
1907 nu gedenken, das im Interesse der Freiheit des persischen Volkes
den Norden Perfiens in eine russische Provinz verwandelt hat, oder
des Marokkoabkomens von 1904, das es Frankreich ermöglicht hat, sich
Marokkos zu bemächtigen, und England, ungestraft sein Wort und seine
vertraglichen Verpflichtungen in Aegypten zu brechen. Herr Agsquith.
ist indessen außerordentlich woxtreich gewesen und viele seiner Sätze
hätten leichter entbehrt werden können, als ein paar kurze Worte über
die Achtung der dänischen Neutralität. Sir Edward Grey wird daher
mit dieser Entschuldigung kein Glück haben, um so weniger, als er zwar
mancherlei Worte macht, aber auch in dieser Entgegnung einer Er-
klärung über die Achtung der dänischen Neutralität mit vieler Kunst
aus dem Wege geht. Es scheint also doch, daß England sich vorbehält,
eines Tages, wenn ihm das nützlich erscheint, die dänische Neutralität
zu verletzen. Dabei wird es sich dann wohl wieder, wie bei dem Ueber-
fall Kopenhagens in den napoleonischen Kriegen, mit vielen Worten
auf das Interesse der Freiheit berufen. Ueber Aegypten findet Sir
Edward Grey kein Wort. Auch der Zerschneidung der Kabel, die Deutsch-
land von der Welt abschneiden und gegen die von England geführte
Lügenkampagne wehrlos machen soll, gedenkt er nicht. Durch Lügen-
berichte über deutsche Greuel in Belgien und Unterdrückung der von
der belgischen Bevölkerung begangenen Schandtaten soll in der Welt
der Glaube erhalten bleiben, daß Englands Sache die Sache der Freiheit
ist. Und Rußland? Sir Edward Grey vermeidet es, in diesem Zu-
sammenhang dieser Bundesgenossenschaft Erwähnung zu tun. Hier fehlt
pesenpar selt ihm die traditionelle englische Formel für das Interesse
er Freiheit.
Gegen die Lügenmeldungen der Verbündeten.
Der deutsche Gesandte in Kopenhagen erklärt in einer an die dortigen
Blätter gerichteten Zuschrift, er sei von seiner Regierung ermächtigt, die
von der Londoner Presse verbreiteten Meldungen über Niederlagen der
Deutschen ihrem ganzen Inhalt nach als unverschämte Erfindung zu be-
geichnen und sie für umwahr zu erklären. Die deutschen Truppen hätten bei
aris kein einziges Geschütz und ganz besonders beinen Mann als Gefan-
genen verloren. Im Gegenteil! Sie hätten vielmehr selbst 50 Geschütze
erbeutet und Tausende von Gefangenen gemacht. Die Lage vor Paris sei
für die deutschen Heere durchaus günstig. Ein Versuch der Franzosen, die
deutschen Heere zu durchbrechen, sei siegreich zurückgewiesen worden. In
Belgien sei kein deutsches Korps, wie behauptet wird, abgeschnitten worden.
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