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schranken ist intakt geblieben, ebenso im nördlichen Querschiff der ge—
schnitzte Renaissancewindfang und die Orgel von 1556 in einem schönen
eichengeschnitzten Renaissancegehäuse. Völlig unversehrt ist ferner der
spätgotische Lettner von reichster Steinarbeit vor dem Chor mit der
daraufstehenden bemalten und vergoldeten Kreuzigungsgruppe, sowie der
ganze Chorumgang mitsamt seinen (modernen) Glasgemälden, Grab-
mälern und der Innen= und Außenarchitektur. Wie das wertvolle goti-
sche Chorgestühl aus sechs Bänken ist auch die geschnitzte Kanzel, ein be-
merkenswertes Schaustück vom Jahre 1742, vollständig intakt geblieben.
Die Bilder in den Chorkapellen, zu denen als die kostbarsten und
unersetzlichen Kunstschätze Löwens die Werke des Dierik Bouts und des
Meisters von Flemalle gehörten, find nebst allen beweglichen Kunst-
gegenständen der Peterskirche durch den Oberleutnant der Reserve Thele-
mann, Regierungsrat in königlichen Eisenbahnministerium, gerettet und
in einem Saal des Rathauses übertragen worden, wo sie der Obhut des
Bürgermeisters unterstehen. Hier befinden sich völlig unversehrt ge-
borgen die große Tafel mit dem Abendmahl von Dierik Bouts und sein
Martyrium des heiligen Erasmus, die Kreuzabnahme in der Art des
Meisters von Flemalle nebst den zwei Flügelbildern mit den Stiftern
(die von anderer Hand zu sein scheinen). Ferner drei Bilder von
J. v. Rillaerz und mehrere spätere Gemälde von geringerer Bedeutung.
Auch der eichene Kirchenschatz, enthaltend acht silberne Heiligenfiguren,
zum Teil aus dem 15. und 16. Jahrhundert, ein gotisches Weihrauch-
faß, gotische Renaissancemonstranzen aus Silber, kunstvolle Meßkelche
und Ciborien des 18. Jahrhunderts, dann Leuchter, Ampeln und anderes
Kirchengerät, ist vollständig im Rathaus untergebracht.
Von den alten Kunstwerken der Peterskirche ist somit nur der
Windfang zerstört; der eigentliche steinerne Baukörper der Kirche selbst
ist erhalten. Bis zum Wiederaufbau des fehlenden Dachstuhls soll ein
Notdach aus Teerpappe den Innenraum schützen. Mit dieser Aufgabe
ist ein Löwener Architekt vom Bürgermeister beauftragt worden."“
Das durch die Revolte der Bevölkerung hervorgerufene und dann
durch den Sturmwind weitergetragene Brandunglück hat, so schließt der
amtliche Bericht, vornehmlich die Häuserreihen am Bahnhof in der Bahn-
hofstraße und die Mitte der Stadt betroffen. Die übrigen Kirchen Löwens
liegen außerhalb des etwa ein Sechstel der Stadt ausmachenden Brand-
bereichs; sie sind vom Feuer nicht berührt worden. Daher sind ganz un-
beschädigt geblieben die Michaeliskirche, die Jakobskirche, die Gertruden-
kirche mit allen ihren zum Teil sehr ansehnlichen Kunstwerken, ebenso das
College du Saint Esprit mit seiner Bibliothek. (Berl. Tagebl., 6. Okt.)
Die „Times“ mahnt zur Eeduld. 1
Der militärische Mitarbeiter der „Times“ schreibt in einer Uebersicht
über die Lage auf dem Kriegsschauplatz:
Selbst wenn es den Verbündeten gelingt, die Deutschen zurückzu-
treiben, und den Russen, auf dem östlichen Kriegsschauplatz einen entschei-
denden Sieg zu gewinnen, sind noch ungeheure Schwierigkeiten zu über-
winden, die große Opfer kosten werden. Deutschland steht nach wie vor
einig da, seine Hilfsquellen sind reich, seine militärischen Kräfte in der
Hauptsache ungeschwächt, seine Arsenale und Werften fernerhin imstande,
Heer und Flotte große Dienste zu leisten. Außerdem muß man damit