Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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technisch unmöglich, unsere militärischen Vorbereitungen einzustellen, 
die durch Oesterreichs Mobilisierung notwendig geworden sind. Wir 
find weit davon entfernt, einen Krieg zu wünschen. Solange wie die 
Verhandlungen mit Oesterreich über Serbien andauern, werden meine 
Truppen keine herausfordernde Aktion unternehmen. Ich gebe Dir mein 
feierliches Wort darauf. Ich vertraue mit aller Kraft auf Gottes Gnade 
und hoffe auf den Erfolg Deiner Vermittlung in Wien für die Wohl- 
fahrt unserer Länder und den Frieden Europas. 
Dein Dir herzlich ergebener 
Nicolaus.“ 
Hierauf erwiderte Seine Majestät der Kaiser: 
„Auf Deinen Appell an Meine Freundschaft und Deine Bitte um 
Meine Hilfe habe ich eine Vermittelungsaktion zwischen Deiner und der 
Oesterreich-Ungarischen Regierung ausgenommen. Während diese Aktion 
im Gange war, sind Deine Truppen gegen das Mir verbündete Oester- 
reich-Ungarn mobilisiert worden, wodurch, wie Ich Dir schon mitgeteilt 
habe, Meine Vermittelung beinahe illusorisch gemacht worden ist. Trotz- 
dem habe ich sie fortgesetzt. Nunmehr erhalte Ich zuverlässige Nach- 
richten über ernste Kriegsvorbereitungen auch an Meiner östlichen 
Grenze. Die Verantwortung für die Sicherheit Meines Reiches zwingt 
Mich zu defensiven Gegenmaßregeln. Ich bin mit meinen Bemühungen 
um die Erhaltung des Weltfriedens bis an die äußerste Grenze des 
Möglichen gegangen. Nicht Ich trage die Verantwortung für das Unheil, 
das jetzt der ganzen zoiilisierten Welt droht. Noch in diesem Augen- 
blicke liegt es in Deiner Hand, es abzuwenden. Niemand bedroht die 
Ehre und die Macht Rußlands, das wohl auf den Erfolg Meiner Ver- 
mittelung hätte warten können. Die Mir von Meinem Großpvater auf 
dem Totenbette überkommene Freundschaft für Dich und Dein Reich ist 
Mir immer heilig gewesen, und Ich habe treu zu Rußland gestanden, 
wenn es in schwerer Bedrängnis war, besonders in seinem letzten 
Kriege. Der Friede Europas kann von Dir noch jetzt erhalten werden, 
wenn Rußland sich entschließt, die militärischen Maßnahmen einzu- 
stellen, die Deutschland und Oesterreich-Ungarn bedrohen.“ 
Noch ehe dieses Telegramm seine Bestimmung erreichte, war die 
bereits am Vormittag desselben Tages angeordnete, offensichtlich gegen 
uns gerichtete, Mobilisierung der gesamten russischen Streitkräfte in 
vollem Gange. Das Telegramm des Zaren aber war um 2 Uhr nach- 
mittags aufgegeben. 
ach Bekanntwerden der russischen Gesamtmobilisation in Berlin 
erhielt am Nachmittag des 31. Juli der Kaiserliche Botschafter in 
Petersburg den Befehl, der Russischen Regierung zu eröffnen, Deutsch- 
land habe als Gegenmaßregel gegen die allgemeine Mobilisierung der 
russischen Armee und. Flotte den Kriegszustand verkündet, dem die Mo- 
bilisation folgen müsse, wenn Rußland nicht binnen 12 Stunden seine 
militärischen Maßnahmen gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn 
einstelle und Deutschland davon in Kenntnis setze. 
Eleichzeitig wurde der Kaiserliche Botschafter in Paris angewiesen, 
von der Französischen Regierung binnen 18 Stunden eine Erklärung 
zu verlangen, ob sie in einem russisch-deutschen Kriege neutral bleiben 
wolle.
	        
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