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Persönlichkeit in England, daß die englische Regierung schon im Jahre 1912
entschlossen war, an einem europäischen Kriege an der Seite der Gegner
Deutschlands unter allen Umständen teilzunehmen.
Wann hat England den Krieg begonnen?
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ vom 6. Oktober meldet:
Ein großes Hamburger Haus hat vor kurzem von seiner Zweignieder=
lassung in Niederländisch-Indien die briefliche Mitteilung erhalten, daß die
englische Kabelgesellschaft ein am 28. Juli in Niederländisch-Indien nach
Hamburg aufgegebenes Telegramm des Inhalts „Drahtet Zustand“ nicht
befördert hat. Ein weiterer Beweis dafür, daß ein Hauptmittel der eng-
lischen Kriegführung gegen uns, die Abschneidung von Kabelnachrichten,
schon Ende Juli angewandt wurde, während die englische Kriegserklärung
erst am 4. August nachmittags in Berlin überreicht worden ist.
Unser Aufruf an die Kulturwelt.
Berlin, 5. Oktober. Der von mehr als neunzig hervorragenden
Vertretern deutscher Wissenschaft und Kunst unterzeichnete Aufruf an die
Kulturwelt, von dem wir unseren Lesern Kenntnis gegeben haben, ist, wie
wir hören, in alle Kulutursprachen übersetzt und in vielen Tausenden von
Addrücken in allen neutralen Ländern verbreitet worden.
Die römische „Tribunga“ bemerkt zu dem Aufruf: Die Klagen über
Greuel, die heute gegen Deutschland erhoben werden, gehören zu den
Begleiterscheinungen aller Kriege. Kein Volk ist davon verschont geblieben,
nicht das russische, noch das japanische im mandschurischen Kriege, nicht die
Franzosen in Marokko, nicht die Italiener in Libyen. — Verallgemeine-
rungen, die aus Einzelverbrechen entstehen und auf den Gemütszustand
eines ganzen Volkes schließen lassen, sind im Drange blutiger Kriegs-
ereignisse unvermeidlich. Kein vernünftiger Mensch in Italien wird aber
das deutsche Volk, das in Bildung und Gesittung an der Spitze der
Menschheit marschiert, barbarischer Gelüste und roher Zerstörungstriebe
ernstlich bezichtigen. In diesem Punkte ist die Verwahrung der deutschen
Intellektuellen begreiflich und berechtigt. Italien weiß, daß Heer und
Nation in Deutschland eins sind, und daß das deutsche Heer nicht anders
fühlen, denken und handeln kann, als die Nation. Der Aufruf ist ein
günstig zu deutendes Zeichen, das deutsche Volk spricht in ihm durch den
Mund seiner besten Söhne zu der übrigen Kulturwelt in menschlich
weicheren Tönen, als man bisher gewohnt war. Möge dies für Deutsch-
land und für die Welt von guter Vorbedeutung sein. (Tägl. Rundschau,
6. Oktober.)
„Man fühlt den Jusammenbruch.“
Aus dem Tagebuch eines französischen Truppen-
arztes.
Die nachstehenden Aufzeichnungen stammen von dem Arzt der vierten
Kompagnie des französischen 6. Pionier-Regiments und sind auf einem
Schlachtfelde in Nordfrankreich in die Hände unserer Truppen gefallen.
Das Tagebuch beginnt mit der Abfahrt des zum 11. Armeekorps (Ge-
neral Eydoux) gehörenden Truppenteils von Paris über Reims nach dem
Grenzgebiet an den Ardennen. Der Verfasser schildert, wie dem Eisen-
bahntransport tagelange Märsche in großer Hitze folgen, wobei viele
Unteroffiziere und Mannschaften marode werden. Ueberall wittert man